Sonntag, 13. März 2016

Geisterstunde [Teil 22] Kapitel 21


Hallo ihr Lieben!
Das hier wird das vorvorletzte Kapitel dieser Geschichte werden. Nachschub gibt es erst einmal keinen, aber ihr könnt ja, wenn ihr wollt mal bei NUR EIN EINZIGES WORT VON DIR, meinem Kurzthriller vorbeischauen. 
Über eure Meinung freue ich mich natürlich immer noch und wünsche euch viel Spaß beim Lesen!



Nach der Scheidung ihrer Eltern zieht Amalia Altenberg mit ihrer Mutter in deren Geburtsort Würzburg. Im Haus ihrer Großmutter scheint es lange gehütete Geheimnisse zu geben. Flüsternde Stimmen halten Am nachts wach und verfolgen sie sogar in ihren Träumen. Als sie bei einer Übernachtungsparty mit ihren neuen Freundinnen die verschlossene Tür im Hausgang öffnet, stößt sie auf eine völlig andere Welt. Bei einer harmlosen Partie mit dem Hexenbrett rufen die vier Freundinnen versehentlich einen rachsüchtigen Geist, der offenbar noch eine Rechnung mit der Familie Altenberg zu begleichen hat. Kann Amalia mit ihrem begrenzten Wissen über Magie den Geist vertreiben? Und welche Geheimnisse hütet ihre Großmutter noch?






Oben im Kellerbüro angekommen, schien Eleonora schon auf ihre Enkelin zu warten. Sie hatte sogar schon die Autoschlüssel in der Hand, als hätte sie gewusst, um was Am sie bitten würde.
   „Und? Brauchst du noch etwas, bevor wir zu ihr fahren“, fragte sie und reichte der Hexe ihre Jacke. Schnell schnappte sich diese eine der weißen Kerzen, die noch vom Zerstörungsritual übrig waren und rannte dann hinauf in die Küche. Es dauerte etwas, ehe sie die Schublade mit dem Besteck gefunden hatte. Ohne zu zögern, wählte sie das spitzeste Messer aus, das sie ausmachen konnte, und trat zurück auf den Gang. Ihre Großmutter wartete bereits ungeduldig vor der Haustür und klebte einen Notizzettel an das Holz. Falls Marcella früher zurückkam, wusste sie zumindest, wohin die beiden gegangen waren.
Am brauchte nichts zu sagen. Eleonora wusste, dass es um Leben oder Tod ging. Wie eine Henkerin fuhr sie den Waldweg hinunter und dachte nichtmal dran, den Fuß vom Gas zu nehmen. Ihre Enkelin hatte in diesem Moment beinahe mehr Angst als bei dem missglückten Ritual am Tag zuvor. Die Fahrerin dagegen schien mit der hohen Geschwindigkeit kein Problem zu haben. Sie war beinahe jeden Tag diesen Weg gefahren und das mehr als dreißig Jahre lang. Da musste sie den Wald wie ihre Westentasche kennen, wie sie selbst immer sagte.
Auf der befestigten Straße Richtung Grombühl wurde sie nicht langsamer. Glücklicherweise war um diese Uhrzeit, es war halb eins, kaum etwas los. Sogar auf der engen Ortsstraße durch Oberdürrbach kamen ihnen keine Autos entgegen.
In der Pampa zwischen den beiden Stadtteilen trat Ams Großmutter nochmal richtig aufs Gas. Sie hatten Glück, dass an diesem Tag kein Blitzer am Straßenrand vor Grombühl stand, wie fast jeden anderen Tag im Jahr. Es wäre bei ihrem Tempo ziemlich teuer geworden.
Als sie dann endlich auf dem Parkplatz standen, konnte es für Am nicht schnell genug gehen. Mit Kerze und Küchenmesser in der Hand, rannte sie los. Eleonora folgte ihr und rief sie beim Namen. Etwas schien nicht zu stimmen. Verwundert hielt Am inne und drehte sich zu ihrer Großmutter um.
   „Amalia, bitte! Denke doch mal nach. Wenn du mit einer Kerze und einem Messer in der Hand auftauchst, werden die dich gleich rausschmeißen. Nimm wenigstens meine Tasche, in Ordnung?“ Ihre Stimme war streng, ebenso ihr Blick.
Energisch riss Am ihr die Tasche aus der Hand und legte die beiden Gegenstände, die sie für das kurze Ritual brauchte hinein. Tragen wollte sie dieses Ding aber nicht. Krokodilleder war noch nie ihr Fall gewesen. Eleonora rollte mit den Augen, als sie ihr die Modesünde in die Hand drückte.

So schnell sie konnten, liefen die beiden zu Biancas Station. Ärzte, Schwestern und Patienten wichen ihnen erschrocken aus, setzten sogar zu wütenden Beschimpfungen an. Sie verstummten jedoch, als sie Ams entschlossenen Gesichtsausdruck sahen. Ihre Großmutter hatte recht gehabt. Hätte sie ein Messer in der Hand gehalten, wäre sie am Ende beim Sicherheitsdienst oder noch schlimmer bei der Polizei gelandet.
Sie bogen gerade um die letzte Ecke, da drückte Eleonora ihrer Enkelin die Tasche wieder in die Hand. Am verstand, dass sie nicht mit hinein gehen wollte. Es war wohl auch besser so, dann konnte sie sich ganz auf das Ritual konzentrieren.
Sekunden später stand sie vor der weißen Zimmertür und riss diese ohne zu klopfen auf. Eine erschrockene Frau Berger fuhr zu ihr herum und blickte sie aus weit aufgerissenen, tränennassen Augen an.
   „Es tut mir leid, Frau Berger, aber Sie müssen mich jetzt kurz allein mit Bianca lassen. Es wird alles gut, okay? Holen sie sich doch einen Kaffee. Ich bin sicher, meine Großmutter leistet Ihnen gerne Gesellschaft.“ Am packte die völlig perplexe Frau bei den Schultern und schob sie aus dem Zimmer. Eleonora, die draußen auf einem Stuhl platz genommen hatte, nickte ihrer Enkelin kurz zu und kümmerte sich dann um die Mutter ihrer Freundin.

Kaum hatte Amalia diese in die Obhut ihrer Großmutter gegeben, machte sie auf dem Absatz kehrt und knallte die Tür hinter sich zu. Ein paar Mal musste sie tief durchatmen, um sich wieder zu beruhigen. Dann erst konnte sie auf die bewusstlose Bianca blicken. Sie sah unverändert aus. Noch immer blass. Noch immer schlafend. Es wurde Zeit, dass jemand diesen Umstand änderte!
Am leerte den Inhalt der hässlichen Tasche am Fußende des Bettes aus und stellte die Kerze auf den Nachttisch. Vorsichtig, um sich nicht zu schneiden, legte sie das Messer daneben und suchte nach einem Feuerzeug.
Ehe sie die Kerze entzündete, schickte sie ein Stoßgebet gen Himmel, dass der Rauchmelder ja ausblieb. Es schien zu helfen. Nichts geschah, als die Flammen am Docht leckten und ihn in Brand setzten.
   „Okay, Bianca, jetzt holen wir dich mal zu den Lebenden zurück!“ Diesen Satz zu flüstern, zu wissen, dass ihre Freundin sie vielleicht hörte, brachte Am den nötigen Mut, um mit dem Ritual zu beginnen. Sie packte Biancas Hand und stach mit dem Messer in deren Zeigefinger. Ein paar Tropfen Blut quollen aus der kleinen Wunder hervor. Vorsichtig legte sie das Messer zurück und nahm stattdessen die Kerze in die Hand. Amalia musste ungeheuer aufpassen, um die Bettwäsche nicht anzuzünden.
Bevor das Blut den blütenweißen Stoff verschmutzte, ließ sie es in das heiße Wachs tropfen und begann dann die einfachste Zauberformel zu sprechen, die sie je gehört hatte.
   „Fluch weiche! Fluch weiche! Fluch weiche!“ Dabei kam sich Am fast ein wenig dumm vor. Erst diese unaussprechlichen Wörter und nun dieser simple Satz. Nicht sehr originell, doch wenn es half, konnte sie nichts anderes tun. Dreimal sollte sie die Formel sagen und pustete dann, ordnungsgemäß, die Kerze aus.
Zunächst geschah nichts. Enttäuscht ließ sie Biancas Hand sinken und öffnete ein Fenster, damit der Rauch entweichen konnte. Man konnte schließlich nie wissen, wann so ein Rauchmelder Alarm schlug.
Einige Minuten vergingen und Am hörte bereits, wie sich eilige Schritte der Tür näherten. Es war das vertraute Trippeln von Eleonoras Stöckelschühchen. Im selben Moment schlug Bianca die Augen auf und blickte sich verwirrt im Zimmer um. Als sie ihre Freundin erkannte, runzelte sie die Stirn.
   „Am? Was machst du denn hier? Was mache ich überhaupt hier? Ist das ein Krankenhaus? Was ist passiert?“ Panisch setzte sich das blonde Mädchen auf. Ihr durchdringender Blick verlangte nach Antworten.
   „Der Geist ist passiert, aber ich kümmere mich drum. Sagen wir, du hattest einen Schwächeanfall. Nur fürs Protokoll und so. Du brauchst keine Angst zu haben, okay?“ Hektisch spuckte Amalia die Sätze aus. Jetzt da der Geist sein Druckmittel verloren hatte, würde er sicher bald zurückkehren. Bianca nickte, schien jedoch keines der Worte verstanden zu haben. Im Grunde war das auch egal. Am wollte nur so schnell wie möglich in das Kellerbüro zurück. Nur dort war sie in der Lage, den Geist zu vertreiben. Trotz des kleinen Rituals, das sie durchgeführt hatte, war noch genügend Kraft übrig, um ihren teilweise unsichtbaren Feind zu bannen. Wenn sie etwas Übung im Zaubern hatte, konnte sie ihn ja noch immer zerstören.
   „Es war so dunkel, da wo ich war, Am. Ich versteh nicht, wie du das gemacht hast… Und der Geist? Der ist wirklich echt? Gott, ich hätte nie gedacht, dass es so etwas gibt!“ Völlig geplättet von diesen neuen Erkenntnissen wischte sich Bianca übers Gesicht.
   „Ja, das hatte ich auch nicht. Ich kümmere mich um ihn. Sieh du nur zu, dass du wieder fit wirst. Gleich ist es vorbei.“ Schnell packte Am ihre Sachen zurück in die Tasche der Großmutter und war schon kurz vor der Tür, als es plötzlich neblig wurde in Biancas Zimmer.
Erschrocken drehte sie sich zu ihrer Freundin um. Sie war noch wach, schien jedoch nicht minder verwundert über dieses Ereignis zu sein. Es dauerte ein wenig, ehe sich eine Gestalt aus dem weißen Dunst bildete.
Der Geist war früher zurück gekommen, als die Hexe erwartet hatte. Mahnend zog sie das Messer aus der Tasche, was die nebelige Erscheinung jedoch nicht im geringsten beeindruckte. Er lachte und draußen vor dem geöffneten Fenster grollte der Donner.
   „Ich hätte wirklich nicht gedacht, dass du das schaffst, Hexenpack! Trotzdem wirst du nicht gewinnen. Ich werde meine Rache bekommen. Nur werde ich meine Zeit diesmal nicht mit unwichtigen Menschen vergeuden.“ Von weit her hallte die Stimme an Amalias Ohr. Sämtliche Härchen an ihren Armen stellten sich bei diesem merkwürdigen Klang auf.

   „Ach ja? Was willst du tun? Mich gleich töten?“ Herausfordernd machte sie einen Schritt auf ihn zu. Ganz plötzlich verspürte sein keine Angst mehr. Sie war einfach weg. Es wurde endlich Zeit, dass sie diesem Unmensch das Handwerk legte. Und Am wusste auch schon wie…


Und damit wären wir für heute am Ende angekommen. Danke fürs Lesen und einen schönen Sonntagnachmittag euch allen!
Finden könnt ihr die Geschichte auch auf...



Bis zum nächsten Mal!
Eure Kate


  





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