Sonntag, 6. Dezember 2015

Geisterstunde [Teil 8] Kapitel 7


Hallo ihr Lieben!
Nicht mehr lang, dann ist Weihnachten! Ich liebe diese Jahreszeit so sehr mit all den Plätzchen, der Weihnachtsdeko und den Kerzen. Da macht man es sich doch gerne gemütlich und liest ein gutes Buch oder eben das nächste Kapitel von GEISTERSTUNDE, das euch der Nikolaus dagelassen habt. Ich hoffe, ihr wart auch schön brav...
Finden könnt ihr es auch auf...





Nach der Scheidung ihrer Eltern zieht Amalia Altenberg mit ihrer Mutter in deren Geburtsort Würzburg. Im Haus ihrer Großmutter scheint es lange gehütete Geheimnisse zu geben. Flüsternde Stimmen halten Am nachts wach und verfolgen sie sogar in ihren Träumen. Als sie bei einer Übernachtungsparty mit ihren neuen Freundinnen die verschlossene Tür im Hausgang öffnet, stößt sie auf eine völlig andere Welt. Bei einer harmlosen Partie mit dem Hexenbrett rufen die vier Freundinnen versehentlich einen rachsüchtigen Geist, der offenbar noch eine Rechnung mit der Familie Altenberg zu begleichen hat. Kann Amalia mit ihrem begrenzten Wissen über Magie den Geist vertreiben? Und welche Geheimnisse hütet ihre Großmutter noch?







Am Morgen wurden sie von dem Geräusch einer zuschlagenden Tür geweckt. Erschrocken fuhren die vier Mädchen hoch und blickten sich mit panischen Gesichtern an. Jede von ihnen hatte dunkle Ringe unter den Augen, als Zeugnis für den wenigen Schlaf der letzten Nacht, und wirkte völlig fertig.
   „Ist das gestern wirklich passiert?“, fragte Elena flüsternd und sah sich suchend nach dem Hexenbrett um. Noch immer lag die Decke darüber und verbarg das teuflische Ding.
Schweigend nickte Amalia und hoffte insgeheim sie hätten alle denselben schlimmen Traum gehabt.
   „Und was machen wir jetzt? Ich meine, sollen wir jetzt abwarten, ob der Geist uns nacheinander umbringt oder so?“ Mit vor Schreck geweiteten Augen äußerte Bianca ihre Gedanken. Es war genau das, was auch Am sich fragte. Alle schienen sich das zu fragen. Man konnte es in den ängstlichen Gesichtern sehen.
   „Ich denke schon. Vielleicht haben wir Glück und das flackernde Licht, die kaputte Scheibe und die Stichflammen waren schon alles...“ Mia versuchte überzeugt zu klingen, doch der leise Unterton aufkeimender Todesangst ließ sich einfach nicht so leicht ersticken. Die anderen Drei nickten zaghaft, auch wenn sie nicht sonderlich überzeugt wirkten.
   „Ich geh mal nachsehen, wer an der Tür war. Vielleicht ist meine Mutter schon wieder zurück.“ Vorsichtig und mit brummendem Schädel erhob sich Amalia und verließ ihr Zimmer. Ihre Freundinnen sahen ihr ängstlich hinterher. Das Gefühl der Ungewissheit über das, was passieren könnte, hatte sich bereits tief in ihrer aller Bewusstsein verankert.
Unten im Gang stand tatsächlich Marcella und starrte auf die Treppe, vielmehr auf etwas in der Treppe. Als sich Am neben sie stellte, um ihre Mutter zu begrüßen, bemerkte sie, dass die Tür zum  verbotenen Kellerraum weit offen stand. Ganz langsam drehte sich Marcella zu ihrer Tochter um, ein Ausdruck grenzenloser Panik im Gesicht.
   „Amalia, warum ist die Tür offen? Wart ihr gestern etwa da unten?“, fragte sie mit erstickter Stimme. Ihr Brustkorb hob und senkte sich unnatürlich schnell. Nach kurzem Zögern nickte Am, obwohl sie ganz genau wusste, dass das Ärger nach sich ziehen würde.
   „Bist du von allen guten Geistern verlassen? Ich weiß zwar nicht, was deine Großmutter da unten versteckt, aber sie wollte, dass diese Tür unter keinen Umständen geöffnet werden soll.“ Völlig außer sich musterte Marcella ihre Tochter mit vor Zorn blitzenden Augen. Eine solche Reaktion hatte Amalia wirklich nicht erwartet. Wenn sie ehrlich war, hatte sie geglaubt, ihre Mutter wäre genauso gespannt wie ihre Freundinnen gestern, was für Geheimnisse dort unten lauerten.

Am setzte gerade zu einer Antwort an, als von oben plötzlich ein Schrei ertönte. Ganz sicher kam er aus ihrem Zimmer. Wie von der Tarantel gestochen rannte sie die Treppen hinauf und kam keuchend in ihrem Zimmer zum Stehen. Es war leer. Konnte der Geist schon seine ersten Opfer gefordert haben?
Der Schrei ebbte nicht ab und Am brauchte kurz, um zu realisieren, dass er aus dem angrenzenden Badezimmer kam. Sie riss die Tür auf und starrte auf drei völlig verängstigte Mädchen, die ungläubig auf das Waschbecken vor ihnen blickten. Als Amalia näher kam, wusste sie auch, wieso die drei so bleich im Gesicht waren. Statt normalem Wasser floss eine blutrote Flüssigkeit über Biancas Finger. Am Spiegel direkt vor ihren Gesichtern stand etwas in derselben Farbe.

   Du bist als Erste dran.

Wie gebannt starrten die vier auf die Schrift. In kleinen Rinnsalen tropfte das Wasser – oder war es Blut? – auf die blütenweiße Waschbeckenarmatur. Eine laut zuschlagende Tür riss sie aus ihrer Trance und ließ sie sich im Raum umblicken. Bianca hörte auf zu schreien und, als sie sich wieder dem Spiegel zuwendeten, war die Schrift einfach so verschwunden. Ebenso das rote Wasser, von dem Am hätte schwören können, es wäre Blut gewesen. Nicht mal ein Tropfen war zurückgeblieben. Biancas Hände schienen trocken zu sein, als wäre sie nie mit der Flüssigkeit aus dem Hahn in Berührung gekommen.
Kurz darauf ertönten Schritte auf der Treppe, die sich Amalias Zimmer näherten. Fast hätten die Freundinnen erneut losgeschrien, als Marcella in das Badezimmer trat. Sie schien noch immer wütend zu sein, doch diese Stimmung verflüchtigte sich beim Anblick der kreidebleichen Mädchen.
   „Am, was ist hier los? Wieso habt ihr gerade so geschrien?“ Ihre Mutter gebrauchte die sachliche Arztstimme, die Amalia zeigte, dass sie ihr unbedingt antworten musste. Marcella würde nicht locker lassen, ehe sie wusste, was vor sich ging.
   „Das Wasser war auf einmal blutrot und auf dem Spiegel stand etwas Schlimmes geschrieben“, antwortete Am zögerlich ihrer Mutter. Sie wusste, dass Marcella ihr nie glauben würde, zumal nichts von dieser Botschaft übrig geblieben war. Kopfschüttelnd wand sich Ams Mutter von den Mädchen ab und schnaubte amüsiert.
   „Wenn du glaubst, dass du damit die Tatsache, dass ihr die Tür geöffnet habt, ungeschehen machen kannst, hast du dich getäuscht, junges Fräulein. Die Leitungen in diesem Haus sind alt, Am, vielleicht war das bloß Rost.“ Mit diesen Worten verließ Marcella das Badezimmer. Amalia wusste sofort, dass das noch Konsequenzen für sie haben würde. Bevor ihre Mutter auf den Gang trat, drehte sie sich nochmal nach den Mädchen um.
   „Wenn ihr fertig seid, kommt doch runter. Ich hab für alle Frühstück mitgebracht.“ Noch immer verängstigt nickten die drei Freundinnen Marcella zu. Diese verschwand durch die Tür, ging vermutlich hinunter in die Küche.
Die Freundinnen standen eine ganze Weile unschlüssig im Badezimmer herum. Der Schrecken der Botschaft saß tief in ihren Knochen. Sie waren unfähig sich zu rühren. Bianca hatte begonnen stumm zu weinen, was Amalia ihr nicht verdenken konnte. Eine solche Drohung von einem lebenden Menschen zu hören, war schon schlimm. Aber von einem unsichtbaren Wesen? Von etwas, an das man nie geglaubt hatte, ehe man es am eigenen Leib gespürt hatte?
Am konnte sich vorstellen, wie sich ihre Freundin fühlte, und hätte um nichts in der Welt mit ihr getauscht. Doch sobald der Geist, oder was auch immer es war, Bianca aus dem Weg geschafft hatte, wäre die nächste von ihnen dran.
   „Und jetzt? Jetzt wissen wir doch, worauf der Geist es abgesehen hat… Was sollen wir denn tun?“ Mia hatte als Erste ihre Stimme wiedergefunden. Zumindest gelang es ihr, das zu flüstern, was in den Köpfen der anderen vorging. Keine der Mädchen wusste so recht, was sie darauf antworten sollte.

Bianca war mittlerweile so am Boden zerstört, dass sie sich einfach fallen ließ und laut vor sich hin wimmerte. Vorsichtig kniete Amalia sich neben sie. Ganz gewiss stand sie gerade Todesängste aus, da sollte man sie nicht alleine lassen. Tröstend nahm sie die Blondine in den Arm und strich ihr immer und immer wieder über den Kopf.
Früher, als Am noch Angst vor Monstern unter ihrem Bett gehabt und jeden Schatten an ihren Zimmerwänden für Ungeheuer gehalten hatte, hatte Marcella dasselbe bei ihr gemacht. Egal, wie verschreckt sie auch gewesen war, irgendwann hatte sie sich immer beruhigt.
   „Ich denke, wir sollten niemandem etwas davon erzählen. Ich glaube, da unten gibt es noch mehr solche Geheimnisse und sobald meine Großmutter wieder aus Italien zurück ist, werde ich sie fragen, was sie weiß. Wir werden einen Weg finden, um das zu beenden. Das verspreche ich dir, Bianca.“ Während Am sprach, war ihre Stimme so ruhig und überzeugt, als wäre sie nicht länger verängstigt. Ein Teil ihres Verstandes wunderte sich darüber, ein anderer hatte sich längst damit abgefunden.
Mia nickte, Elena begann urplötzlich unverständliche Worte zu flüstern und Bianca wimmerte noch immer. Eine ganze Weile waren sie mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt.
Amalia machte sich Sorgen, nicht nur wegen der Botschaft für Bianca. Diese ganze verschlossene-Tür-Keller-Geschichte machte sie fast wahnsinnig.
Zum einen verstand sie nicht, weshalb ihre Großmutter unbedingt wollte, dass die Tür nicht geöffnet wurde. Das Arbeitszimmer schien völlig harmlos zu sein, vom Hexenbrett mal abgesehen. Die ganzen Bücher waren leer und sonst gab es nichts Merkwürdiges zu sehen. Warum also sollte dieses Zimmer verschlossen bleiben? Gab es vielleicht noch mehr, das Am nicht über ihre Familie wusste? Wie konnten sie einen Geist beschwören? Wie konnte dieser sie nun heimsuchen? Warum tat er das?

Fragen über Fragen sausten durch ihren Kopf und verursachten heftige Schmerzen. Auf keine fand sie eine logische Antwort, aber irgendwie war sie sich sicher, dass Eleonora etwas darüber wusste. Vielleicht waren das die guten Gründe gewesen, weshalb die Tür verschlossen bleiben sollte. Vielleicht hatte Am sich die Stimmen ja doch nicht eingebildet, so wie sie es sich die ganze Zeit eingeredet hatte.
Irgendetwas stimmte nicht mit der Familie Altenberg. Das hatte sie schon bei ihrer Ankunft hier gespürt. Nur was war dieses Etwas? Welches Geheimnis barg das alte Arbeitszimmer und die leeren Bücher? Hatte das etwas mit dem Tod ihres Großvaters zu tun?
Dieser Gedanke war so absurd, dass sie ihn eigentlich hätte wegjagen wollen, doch irgendwie erschien es ihr einleuchtend, den Tod von Marcellas Vater mit den jüngsten Ereignissen in Verbindung zu bringen. Amalia wusste bloß, dass er tot war. Das Wie und Warum hatte ihre Mutter ihr bisher immer verschwiegen. Konnte es sein, dass sie wusste, was sich hinter der Tür befand? Wusste sie von dem Arbeitszimmer?
Diese elendigen Fragen! Am hatte es satt darüber nachzudenken, wo sie doch sowieso keine Antwort hatte. Sie musste sich wohl oder übel bis Montag begnügen, dann könnte sie Eleonora all diese Gedanken an den Kopf werfen und vielleicht etwas Licht ins Dunkle bringen.
Fürs Erste hieß es jedoch, anziehen und essen. Das war das Beste, das sie nun tun konnten. Vielleicht verschaffte es ihnen sogar etwas Ablenkung.
Behutsam erhob sich Amalia und half dann Bianca aufzustehen. Sie sah nicht mehr ganz so panisch aus, hatte jedoch tiefe Schatten unter den Augen, die durch ihre Blässe stärker hervortraten.
   „Wir sollten uns fertig machen. Eure Eltern kommen sicher bald.“ Seufzend folgten ihr Mia und Elena in das Schlafzimmer, während Bianca allein zurückblieb, um sich anzuziehen.
Keine sagte ein Wort. Mia starrte einfach die Wand an. Elena bekreuzigte sich wieder und wieder, während sie lautlos Worte mit den Lippen formte. Amalia dagegen versuchte die vielen Fragen aus ihrem Bewusstsein zu drängen. Es gelang ihr nicht wirklich, egal wie sehr sie sich auch anstrengte. Eine nach der anderen gingen sie ins Bad, zuletzt Am, die das Waschbecken nochmals einer genauen Musterung unterzog.
Sie konnte nichts finden, nicht einmal ein kleiner Spritzer Blut oder was auch immer es gewesen war.
Schweigend packten die Mädchen ihre Sachen zusammen, vermieden jedoch die Decke über dem Hexenbrett zu berühren. Als sie fertig waren, stiegen sie hinunter in die Küche, wo tatsächlich auf der Anrichte ein kleines Frühstück gerichtet war.
Nachdem sie gegessen hatten, war beinahe genauso viel übrig, wie am Anfang dagestanden war. Es war den Freundinnen nicht zu verdenken, dass sie keinen Hunger hatten. Ein Geist war schließlich hinter ihnen her und trachtete nach ihrem Leben.
Das plötzliche Geräusch von Automotoren ließ die vier aufhorchen. Ein silberner Wagen tauchte aus dem dichten Grün und Braun des Waldes auf und hielt mit quietschenden Bremsen vor dem Haus. Langsam setzten sich die Mädchen in Bewegung, drückten Am zum Abschied und stiegen dann mit vor Angst starren Gesichtern ins Auto. Amalia blieb an der Tür zurück und sah ihnen nach. Sie hoffte, die Eltern der drei würden sie nicht allzu sehr über diese Übernachtungsparty ausfragen. Es war Schrecken genug, sie einmal durchzustehen. Ein weiteres Mal die Ereignisse vor dem inneren Auge passieren zu lassen, wäre einfach zu viel für sie.


Als das Auto im Wald verschwunden war, schloss Am seufzend die Haustür und machte sich daran, die Küche aufzuräumen. Ein wenig Ablenkung tat ihr sicher gut.


Oh, oh... Das sieht nicht gut aus, für die Freundinnen. Gibt es Vermutungen, wie es weitergeht? Kann der Geist Bianca tatsächlich töten oder sind das nur leere Drohungen? Was meint ihr und wie fandet ihr das Kapitel? 
Eure Kommentare sind echt das tollste Weihnachtsgeschenk, das ich mittlerweile fast ganzjähirg bekomme. Dankeschön!
Und nicht vergessen: Das neue Kapitel kommt nächsten Sonntag, bzw. schon früher auf...




Bis zum nächsten Mal wünsche ich euch eine wundervolle Weihnachtszeit und viele Schokoweihnachtsmänner und Lebkuchen!
Eure Kate



   






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