Sonntag, 13. Dezember 2015

Geisterstunde [Teil 09] Kapitel 8


Hallo ihr Lieben!
Halbzeit ist geschafft und langsam muss ich echt alle Geschenke zusammensammeln. Ich freue mich schon total auf Weihnachten, weil ich dann zum ersten Mal seit meinem Umzug ziemlich lange wieder zu meinen Eltern, Freunden und der restlichen, buckligen Verwandtschaft fahre. Ich muss echt mal mit Kofferpacken anfangen und mir überlegen, wie ich die ganzen Geschenke nebst Kleidung und anderem Zeug da reinquetsche...
Okay, genug gelabert, da lasse ich dann doch lieber in Ruhe, damit ihr das nächste Kapitel von GEISTERSTUNDE lesen könnt. Übrigens auch zu finden auf...





Nach der Scheidung ihrer Eltern zieht Amalia Altenberg mit ihrer Mutter in deren Geburtsort Würzburg. Im Haus ihrer Großmutter scheint es lange gehütete Geheimnisse zu geben. Flüsternde Stimmen halten Am nachts wach und verfolgen sie sogar in ihren Träumen. Als sie bei einer Übernachtungsparty mit ihren neuen Freundinnen die verschlossene Tür im Hausgang öffnet, stößt sie auf eine völlig andere Welt. Bei einer harmlosen Partie mit dem Hexenbrett rufen die vier Freundinnen versehentlich einen rachsüchtigen Geist, der offenbar noch eine Rechnung mit der Familie Altenberg zu begleichen hat. Kann Amalia mit ihrem begrenzten Wissen über Magie den Geist vertreiben? Und welche Geheimnisse hütet ihre Großmutter noch?







Nach der Küche war Ams Zimmer dran. So beschäftigte sie sich wenigstens mit etwas anderem als diesen ständigen Fragen. Zumindest bekam sie kaum mit, dass ein Teil ihres Verstandes noch immer am Überlegen war, weil sie sich so sehr auf ihre Arbeiten konzentrierte.
Sie bemühte sich, ruhig und gleichmäßig zu atmen, doch die Angst konnte sie durch Ablenkung nicht vertreiben. Bei jedem Geräusch, das von draußen herein drang, zuckte sie zusammen. Einmal schlug ein Ast gegen das Fenster. Sofort packte Am ein Messer, das sie aus der Küche mitgenommen hatte, und blickte sich panisch in ihrem Zimmer um. Es war niemand zu sehen. Kein Wunder, wenn man von einem Geist verfolgt wurde.
Während sie die Matratzen in die Abstellkammer neben ihrem Arbeitszimmer schaffte, redete sie sich krampfhaft ein, dass sie alle bloß denselben Traum gehabt hatten. Amalia war doch immer davon überzeugt gewesen, dass es keine höheren Mächte gab. Oder lag es daran, dass Marcella das immer gesagt hatte?
Am wusste nicht mehr, was sie denken sollte. Stattdessen zerrte sie die großen Polster in die Kammer und versuchte ein für alle Mal nicht mehr an die letzte Nacht zu denken. Natürlich mit recht wenig Erfolg.

Als auch das erledigt war, musste sie sich wohl oder übel dem Verursacher allen Unglücks stellen. Das Hexenbrett war noch immer von der Decke verborgen. Im Nachhinein konnte Am sich überhaupt nicht vorstellen, dass sie mit diesem Ding im Zimmer auch noch hatten schlafen können. Aber als Schlaf konnte man diesen tranceartigen Zustand sowieso nicht beschreiben. Wie hatten es wohl die anderen drei bewerkstelligt?
Mit spitzen Fingern packte sie die Decke und zog sie mit einem Ruck weg. Etwas hatte sich verändert, das erkannte sie sofort.
Die Scheibe, die gestern noch zerbrochen gewesen war, lag nun als Ganzes auf dem schwarzen Brett. Darunter hatte irgendwer oder irgendetwas eine schwarze Rabenfeder geklemmt.
Ohne groß zu zögern packte sie das Brett mitsamt dem Glas und der Feder, schlich leise die Treppen hinunter und stellte es zurück in das unheimliche Arbeitszimmer. Helles Licht drang durch Schlitze der verdeckten Kellerfenster.
Diesmal war das grelle Deckenlicht nicht angesprungen. Ob es daran lag, dass es Tag war? Unsinn! Woher sollte eine Lampe wissen, wann man sie benötigte oder nicht?
Heftig schüttelte Am den Kopf und stieß gegen eines der Regalbretter. Das Licht war zu spärlich, um alle Winkel und Ecken des Zimmers auszufüllen. Da sie nirgends einen Schalter entdeckte, zog sie kurzerhand einen der dicken Kartons von den Fenstern weg. Dazu musste sie sich ganz schön strecken, zu weit oben in der Wand waren die Fenster.
Überhaupt war der Raum höher als sie ihn in Erinnerung hatte. Höher noch als der andere Keller, in den man von der Küche aus kam.
Kaum war der Karton entfernt, sah man schon etwas besser. Es war Am gestern gar nicht aufgefallen, dass dieses Zimmer ein Sammelsurium von merkwürdigen Antiquitäten war. So fand sie in einem der Schränke eine stattliche Sammlung von Wunderlampen, in einem anderen eine beachtliche Anzahl bemalter oder juwelengeschmückter Totenschädel. Bei diesem Anblick machte sie einen Satz nach hinten und stolperte über einen Absatz im Boden. Als sie sich diesen näher ansah und die Staubschicht wegwischte, kam eine hölzerne Falltür in Sicht.
Stirnrunzelnd betrachtete sie die Eisenbeschläge, die man mit runenartigen Symbolen versehen hatte. Bei diesem Anblick rannen kalte Schauer ihren Rücken hinab. Irgendetwas stimmte ganz gewaltig nicht mit diesem Haus. Das war Amalia jetzt klar.

Entgegen jede Vernunft entriegelte sie die Tür und blickte hinab in ein Loch aus tiefster Schwärze. Nicht einmal den Boden konnte man ausmachen. Vorsichtig tastete sie am Rahmen der Falltür entlang und entdeckte dabei eine Leiter. Was auch immer in diesem Moment in ihr vorging, sie konnte es nicht kontrollieren. Es war wie ein Zwang, der sie nach der obersten Sprosse greifen ließ, um langsam hinab in die Tiefe zu steigen.
Obwohl Am immer weiter in die Dunkelheit vordrang, verspürte sie keine wirkliche Angst. Was für einen Unterschied würde es machen, wenn sie von dieser Leiter in den Tod stürzte oder von einem Geist heimgesucht wurde? Im Grunde war die Heimsuchung fast schlimmer als der Abstieg.

Es zog sie hinab in diese Ungewissheit. Sie wollte unbedingt herausfinden, was es mit diesem Haus auf sich hatte. Sie wollte endlich die Geheimnisse ihrer Familie aufdecken. Dass es Geheimnisse gab, da war sie sich ganz sicher. Eines davon war dieses dunkle Loch und die Leiter, die sie hinabkletterte.
Plötzlich stießen ihre Füße auf festen Boden. Vorsichtig tastete sie in schmalem Umkreis um die Leiter, ob es tatsächlich der Grund des Loches war. Der Abstieg war ihr gar nicht lange vorgekommen.
Ganz langsam löste sie ihre Hände, die noch immer die Leitersprosse umklammert hielten, als könnten sie nicht glauben, dass es hier unten sicher war. Kaum hatte sie den Kontakt mit dem kalten Holz verloren, sprangen nacheinander Lampen an und erhellten den Raum, in den sie gestiegen war. Eigentlich hatte sie Felsgestein oder Erde erwartet, doch sie wurde enttäuscht.
Stattdessen stand Amalia mitten in einem kleinen Saal, der besser in ein barockes Schloss gepasst hätte. Oder doch in ein viktorianisches Herrenhaus? Noch nie war Amalia gut im Zuordnen von Epochen gewesen.
Fest stand, dass dieser Saal ganz anders war, als der Rest des Hauses. Alles war in zarten Blau- und Silbertönen gehalten, selbst das Holz war silbern lackiert. Genau in der Mitte stand ein Becken aus weißem Stein.
Langsam ging Amalia darauf zu und betrachtete es. Früher einmal musste es ein Brunnen gewesen sein. Zwei traurig dreinblickende Engel, standen Rücken an Rücken zueinander. In den kleinen Händen hielten sie Krüge, aus denen einst das Wasser geflossen sein war.
Staunend schritt Am weiter und betrachtete die Säulen, die zu beiden Seiten längs des Raumes aufgestellt worden waren. Sie waren ebenfalls aus weißem Stein, jedoch durchzogen mit silbernen Adern. Ein bisschen erinnerten sie an griechische Tempel, die Amalia von Fotos aus dem Lateinunterricht kannte. Sie reichten bis hinauf zur Decke, mindestens fünf Meter, vielleicht noch mehr.
Als sie sich umdrehte, fiel ihr Blick auf zwei silberne Kübel. Neugierig betrachtete sie diese und stellte fest, dass darin einst Pflanzen gewachsen waren. Erde war noch vorhanden, doch von den Blumen sah man nichts mehr. Auch hier war alles sehr verstaubt. Es würde ziemlich lange dauern, das alles von Schmutz zu befreien. Eine willkommene Ablenkung von ihrem schrecklichen Alltag. Vielleicht konnte der Geist nicht hier runter? Möglicherweise konnte sie Bianca und die anderen Mädchen hier in diesen Saal bringen, um sie vor ihrem unsichtbaren Feind zu schützen.
Seufzend schritt sie durch den schmalen Säulengang und wirbelte mit ihren Füßen kleine Staubwölkchen auf. Wie lange war wohl niemand hier gewesen, fragte sich Am und betrachtete die dicke Schicht erneut. Es mussten viele Jahre sein, vermutlich sogar Jahrzehnte.
Kopfschüttelnd ließ sie sich auf eine der beiden Bänke links und rechts vom Brunnen nieder. Mit der Hand befreite sie den kalten Stein vom Staub und warf dabei einen Gegenstand zu Boden, den sie unter all den Schichten überhaupt nicht bemerkt hatte. Neugierig hob sie das Ding auf. Es entpuppte sich als altes Notizbuch. Es war das erste Buch jenseits der ehemals verschlossenen Tür, das sie lesen konnte.

Es sah aus wie ein Tagebuch. Zeiten und Daten waren darin vermerkt, jedoch schenkte Am den Texten kaum Beachtung. Zum einen weil sie die filigrane Schreibschrift nur sehr schlecht entziffern konnte, zum anderen weil es sie mehr interessierte, wessen Buch sie da in den Händen hielt. Auf der ersten Seite wurde sie fündig. Der Name, der dort in schwarzer Tinte prangte, bestätigte ihre Erwartungen. Es hatte Lucius Altenberg gehört, Amalias Großvater.
Gedankenverloren blätterte sie in dem Büchlein, als plötzlich das Telefon klingelte. Es hörte sich beinahe so an, als würde es direkt neben ihr liegen, doch Am war sich ganz sicher, dass es oben in der Station steckte.
Erschrocken ließ sie das Buch fallen und rannte hinüber zur Leiter. Die aufwirbelnden Staubwolken verursachten ihr einen Hustenreiz. Flink kletterte sie die Sprossen hinauf, vermied aber einen Blick nach unten.
Kaum war sie aus der Luke gestiegen, erlosch das Licht von unten wieder und tauchte den Saal erneut in tiefste Schwärze. In Windeseile knallte sie die Falltür zu und stieg die Stufen hinauf in den Gang. Dort klingelte noch immer das Telefon. Um ihre Mutter nicht zu wecken, hob Am ab und war erstaunt, als vom anderen Ende der Leitung ihre Großmutter zu hören war.
   „Amalia, Liebes! Wie war deine Feier? Hattet ihr Spaß?“ Keine Begrüßung, keine Frage nach ihrem Befinden. So kannte sie Eleonora. Sie sagte immer nur das, was für sie gerade wichtig war. Genauso verhielt es sich mit ihren Fragen. Schon nach einer Woche hatte Am gelernt, wie man am besten Gespräche mit ihrer Großmutter führte. Man sollte sich ihrem Verhalten anpassen, also sprach sie ebenso frei heraus und ließ Nebensächlichkeiten beiseite.
   „Ja, war ganz okay… Sag mal, gibt es irgendetwas über unsere Familie, das ich wissen sollte?“
Sie kam sich fast ein wenig dumm vor, so direkt danach zu fragen, aber es war die einzige Möglichkeit, mehr zu erfahren. Am Ende der Leitung keuchte Eleonora erschrocken auf. Damit hatte sie vermutlich nicht gerechnet, aber Amalia wollte endlich wissen, was es mit dieser verdammten Tür auf sich hatte. Und natürlich der Saal, das Arbeitszimmer, einfach alles, das dahinter lag.
   „Wie kommst du denn jetzt darauf, Schätzchen? Hat dich der liebe Ezra jetzt mit seinem Wahnsinn angesteckt?“ Sie kicherte, doch schien es bloß gespielt zu sein. Etwas in der Stimme ihrer Großmutter verriet Am, dass sie nervös war. Also gab es doch etwas, das sie allen verheimlichte. Angetrieben von ihrer Neugier und der zurückkehrenden Angst vor dem Geist ließ sie nicht locker und bohrte weiter.
   „Was hat es mit dem Saal auf sich und den leeren Büchern?“ Wieder eine direkte Frage, die Eleonora beantworten musste. Am war sich ganz sicher, dass ihre Großmutter verstand, wovon sie sprach. Bestimmt war sie mal dort unten gewesen, aber was konnte dort schon lauern, dass sie die Tür unbedingt verschlossen halten wollte? Vom Geist mal abgesehen…
Überrascht sog Eleonora die Luft ein und antwortete eine ganze Weile lang nicht. Sie schien zu überlegen, was sie sagen sollte.
Geduldig wartete Am, war jedoch enttäuscht, als sie die Antwort hörte.
   „Hör mir jetzt ganz genau zu, Amalia. Verschließe die Tür zum Keller und mach sie nie wieder auf. Wenn du etwas von da unten mit ins Haus genommen hast, stell' es sofort wieder zurück, aber geh danach nie wieder dahinunter! Hast du verstanden?“ Das Drängen in Eleonoras Stimme verunsicherte Am ganz gewaltig. Es hatte doch alles so harmlos ausgesehen in dem Arbeitszimmer. Zumindest, wenn man das Hexenbrett beiseite ließ. Und die bemalten Totenköpfe…
Wovor fürchtete sie sich? Was konnte sich hinter den Türen, die von dem kleinen Saal abgingen verbergen?
Am musste heftig ihren Kopf schütteln, um bei der Sache bleiben zu können. Das Verhalten ihrer Großmutter warf noch mehr Fragen auf.
   „Okay, mach ich. Eine Bedingung hab ich da allerdings: Du musst mir erzählen, was da unten ist. Ich will es wissen, in Ordnung?“ Noch ehe Amalia eine Antwort erhalten konnte, begann das Telefon plötzlich laut zu rauschen. Was auch immer ihre Großmutter erwidert hatte, es war in unverständlichem Knacken und Knistern untergegangen.
Enttäuscht und zutiefst beunruhigt legte Am auf und warf die Tür zu dem geheimen Arbeitszimmer und allem, was darunter lag, mit einem lauten Knall zu. Dass sie damit ihre Mutter wecken könnte, vergaß sie dabei.

Schnell rannte sie die Treppe hinauf, um möglichst weit weg zu sein. Außerdem wollte sie sicher gehen, dass die Mädchen auch einhielten, was sie geschworen hatten. Vorerst sollte keiner von dem Geist und dessen Botschaft erfahren. Noch während der Laptop in ihrem Arbeitszimmer hochfuhr, überlegte Amalia, was sie in die Mail schreiben sollte. Am besten einfach nur, dass sie schweigen sollten, ehe sie Genaueres wussten.
Nachdem sie die Nachricht versendet hatte, wartete sie kurz auf Antworten. Offenbar hatten die drei Freundinnen schon darauf gewartet, denn kaum eine Minute später hatte Mia ihr schon zurück geschrieben. Sie war der Meinung, dass sie sich das alles bloß eingebildet hätten als Folge starker Übermüdung.
Ein wenig überrascht starrte Am auf den Bildschirm und konnte kaum glauben, als auch Bianca und Elena dieser Vermutung zustimmten. Um die Mädchen nicht zu sehr zu verunsichern, sparte sie sich eine Antwort und lenkte sich stattdessen mit irgendeinem dicken Wälzer ab.
Dennoch schweiften ihre Gedanken immer wieder zu der Tür und den Räume dahinter. Zum gefühlt hundertsten Mal stellte sich ihr die Frage, was dort unten verborgen lag und welche Geheimnisse ihre Familie hatte. Ihre Intuition hatte recht gehabt, als sie ihr am Tag ihrer Ankunft in Würzburg gesagt hatte, dass etwas nicht stimmen würde.


Das nächste Mal hörte Amalia besser darauf und fragte gleich nach, um solche Vorfälle zu vermeiden.


Da sind wir auch schon wieder am Ende angelangt. Danke, dass ihr bis hierhin durchgehalten habt. Meinungen und Vermutungen sind immer gern gesehen, also her damit in den Kommentaren :)
Nächstes Kapitel kommt nächsten Sonntag kurz vor Weihnachten, und etwas früher auf...




Bis dahin eine besinnliche Adventszeit!
Eure Kate


   



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