Sonntag, 29. November 2015

Geisterstunde [Teil 07] Kapitel 6


Hallo ihr Lieben!
Ab übermorgen ist der November schon wieder vorbei. Den Rückblick auf den diesmonatigen NaNoWriMo erhaltet ihr dann am Mittwoch. Sollte euch mein Zwischenstand interessieren, findet ihr ihn sicherlich auf einer meiner Social-Media-Seiten (siehe linke Sidebar oder Ende des Blogposts).
Jetzt aber zurück zum wesentlich interessanteren Teil: Dem nächsten Kapitel aus GEISTERSTUNDE, auch erschienen auf...





Nach der Scheidung ihrer Eltern zieht Amalia Altenberg mit ihrer Mutter in deren Geburtsort Würzburg. Im Haus ihrer Großmutter scheint es lange gehütete Geheimnisse zu geben. Flüsternde Stimmen halten Am nachts wach und verfolgen sie sogar in ihren Träumen. Als sie bei einer Übernachtungsparty mit ihren neuen Freundinnen die verschlossene Tür im Hausgang öffnet, stößt sie auf eine völlig andere Welt. Bei einer harmlosen Partie mit dem Hexenbrett rufen die vier Freundinnen versehentlich einen rachsüchtigen Geist, der offenbar noch eine Rechnung mit der Familie Altenberg zu begleichen hat. Kann Amalia mit ihrem begrenzten Wissen über Magie den Geist vertreiben? Und welche Geheimnisse hütet ihre Großmutter noch?








In Ams Zimmer schoben sie die Matratzen so aneinander, dass je zwei am Kopfende saßen und legten das Brett dazwischen. Amalia konnte nicht sagen wieso, doch das Brett fühlte sich irgendwie dunkel an. Etwas stimmte ganz und gar nicht an dieser Situation.
Leider waren die anderen drei mittlerweile so besessen von der Idee, Geister zu beschwören, dass man sie davon nicht mehr würde abbringen können.
Trotzdem schienen alle Angst zu verspüren, da sie auf Ams Drängen, die Lampen anzulassen, sehr erleichtert wirkten.
   „Also gut, die Scheibe kommt dazwischen und dann legt jeder den Zeigefinger drauf, verstanden?“ Offenbar schien Amalia nicht die Einzige von ihnen zu sein, die Erfahrung mit diesen Dingern hatte. Mia wusste ebenso gut Bescheid wie sie.
Ängstlich nickend taten Elena und Bianca, was ihnen gesagt wurde, und auch Am folgte ihrem Beispiel nach kurzem Zögern. Es kostete sie einiges an Überwindung, die runde Glasscheibe zu berühren. Obwohl es nur ein dummes Spiel war, wurde sie das Gefühl nicht los, dass gerade dieses Hexenbrett alles andere als normal war.
   „Okay, dann rufen wir mal die Geister“, meinte Mia mit einem Seitenblick auf Amalia. Als diese nickte, atmete sie tief ein und wieder aus. Nach ein paar Zügen erhob sie die Stimme. Ein wilder Ausdruck der Entschlossenheit lag in ihren Augen.
   „Geist bist du da?“ Beim Klang ihrer Stimme zuckte Elena zusammen, hielt ihren Finger jedoch tapfer auf die Scheibe gedrückt.
Lange Zeit geschah überhaupt nichts, was Amalia ungemein erleichterte. Mia dagegen schien enttäuscht zu sein und zog ihren Finger weg.
   „Och Mensch! Jetzt dachte ich, da würde mal was Cooles passieren und dann doch nicht. So viel zu deiner Theorie mit dem Unterbewusstsein, Am.“ Bianca und Elena schienen glücklich über den Verlauf des Spiels. Nur Mia saß da und zog ein Gesicht wie drei Tage Regen.
Als Amalia ihr grüblerisches Schweigen nicht mehr aushielt, legte sie ihren Finger zurück auf die Scheibe und bedeutete den anderen Mädchen, es nochmal zu versuchen.
   „Und wenn es diesmal nicht klappt, dann lassen wir es sein, oder?“ Biancas Stimme zitterte noch immer vor Angst. Aufmunternd nickend richtete Am ihren Blick auf die beiden von ihnen mit der meisten Furcht. Zaghaft legten auch sie ihren Finger wieder auf das Glas und warteten auf Mia als ihre Sprecherin.
   „Geist bist du da?“ Diesmal bemühte sie sich, ihre Stimme leiser zu halten. Wieder geschah eine ganze Zeit lang überhaupt nichts. Elena und Bianca waren kurz davor, loszulassen, als die Scheibe sich in Bewegung setzte und auf das „Ja“-Feld zusteuerte.
Erschrocken sogen alle vier die Luft ein.
   „Wie heißt du?“, fragte Mia mit einem Hauch Freude in der Stimme. Ihre Augen hatten noch immer diesen seltsamen Ausdruck, der Amalia zum Frösteln brachte.
Abermals dauerte es einen kurzen Moment, doch dann bewegte sich das Glas auf das Alphabet zu. Laut las Mia die genannten  Buchstaben vor: „G ... E … I … S ... T ...“ Verwundert blickten die Freundinnen auf das Brett und die Scheibe.
   „Scheint so, als hätten wir einen kleinen Scherzkeks erwischt, Mädels“, kicherte plötzlich Bianca, die auf einmal überhaupt nicht mehr ängstlich wirkte. Elena dagegen saß noch immer in sich zusammen gesunken auf der Matratze und wirkte wie ein Häufchen Elend.
   „Was können wir tun, damit du erlöst wirst?“ Mias theatralische Stimme und diese merkwürdige Frage beunruhigten Am irgendwie. Wenn es tatsächlich ein Geist war, mit dem sie sprachen, und er wirklich so schelmisch war, dann sollten sie besser aufpassen, was sie fragten. Wieder dauerte es etwa eine Minute, dann raste die Scheibe nur so auf die Buchstaben zu. Erneut las Mia sie laut vor.
   „I... H... R... S... T... E... R... B... T...“ Als Elena und Bianca bewusst wurde, was der Geist soeben von ihnen verlangt hatte, rissen sie abrupt ihre Hand weg und wichen ans Fußende der Matratze zurück. Auch Amalia zog ihre Hand weg, aber nicht weil sie sich fürchtete, sondern weil sie wütend war.
Mit vor Zorn geröteten Wangen starrte sie Mia an und war kurz davor sie anzuschreien, als diese in lautes Gelächter ausbrach. Es stimmte also, was Amalia vermutet hatte. Mia hatte geschoben.
   „Mann, ihr müsstet mal eure Gesichter sehen! Der Hammer, Leute! Ihr seid echt die Besten.“ Sie konnte überhaupt nicht mehr aufhören vor Lachen. Während Elena und Bianca noch zu begreifen versuchte, was soeben vorging, schnappte sich Am eines der Kissen und schleuderte es Mia gegen den Kopf. Selbst das konnte sie nicht wieder zur Besinnung bringen. Die beiden anderen Mädchen taten es Am gleich, als sie verstanden, dass Mia sie alle hereingelegt hatte.
   „Okay, okay... Tut mir leid, Mädels. Aber ihr müsst doch zugeben, dass ihr euch fast vor Angst in die Hose gemacht habt, oder?“ Mia beruhigte sich etwas, konnte aber noch immer nicht aufhören zu lachen. Entschuldigend hob sie die Hände nach oben und bekam gleich nochmal ein paar Kissen ab. Das schien sie jedoch nicht zu stören.
   „Mach sowas nicht nochmal, Mia.“ Beleidigt verschränkte Elena die Arme vor der Brust und musterte ihre Freundin mit zu schmalen Schlitzen verengten Augen. Bianca dagegen kam wieder näher an das Hexenbrett heran und begutachtete ehrfürchtig die verschlungenen goldenen Linien. Für einige Minuten herrschte Schweigen zwischen ihnen, das lediglich von Mias Kichern unterbrochen wurde.

Als sich plötzlich die Glasscheibe von alleine in Bewegung setzte, erstarb dieses abrupt. Ein erstickter Seufzer entwich Bianca. Elena bekreuzigte sich heftig und begann im Stillen zu beten. Mia und Amalia dagegen starrten einfach nur auf das Brett und die sich bewegende Scheibe. Ganz langsam fuhr sie über das schwarze Holz und formte schließlich ein Wort.

   Hallo.

Von den Mädchen kam keine Reaktion, doch die Scheibe wollte einfach nicht ruhen. Gespannt musterten sie das Glas, wie es erneut seine Reise über die einzelnen Felder antrat. Diesmal stellte das Etwas, das die Scheibe bewegte, eine Frage.

   Wer seid ihr?

Amalia lief es eiskalt den Rücken hinunter. Ihre Kehle war wie zugeschnürt. Hätte sie das Schauspiel nicht mit eigenen Augen gesehen, hätte sie es nicht für möglich gehalten. Elena war so blass wie die abnehmende Mondsichel, die ihr spärliches Licht durch das Fenster schickte.
Mia fand ihre Stimme als Erste wieder und nannte dem unsichtbaren Wesen ihren Namen. Bianca tat es ihr gleich, und entgegen Ams Erwartungen flüsterte auch Elena ihren Namen.
Als Amalia ihre Stimme hob und ihrerseits dazu ansetzen wollte, erklang ein hohes Kreischen wie  lange Nägel, die über eine Tafel kratzten. Das Licht begann zu flackern und erlosch nach wenigen Sekunden. Die Flammen der wenigen Kerzen, die die Freundinnen aus Spaß für die richtige Atmosphäre entzündet hatten, stoben wie lodernde Zungen der Decke entgegen und tauchten das Zimmer in einen unheimlichen Schimmer.
   „Verflucht bist du, Hexenpack!“ Der Schrei, der urplötzlich ertönte, hatte nichts mehr Menschliches an sich. Viel zu hoch und heiser war die Stimme.
Im selben Moment zerbrach die Scheibe in tausend Scherben und auch die Kerzen und Lampen erloschen schlagartig. Vor Schreck und nackter Panik schrien die Mädchen auf, so lange, bis Am endlich ihre Taschenlampe fand und diese anknipste. Sofort stand sie auf und schaltete das Zimmerlicht und alle anderen Lampen, die im Raum verteilt standen, an. Zitternd und mit kreidebleichen Gesichtern starrten die vier Mädchen auf das Hexenbrett zwischen ihren Füßen und das zersprungene Glas.
Eine ganze Ewigkeit sagte niemand ein Wort. Wimmernd schlug sich Elena die Hände vors Gesicht und wog ihren Körper vor und zurück.
Was auch immer das gerade eben gewesen war, es war schrecklich gewesen. Am war sich sicher, dass diesmal niemand geschummelt hatte.
   „Okay… Lasst uns das einfach so schnell wie möglich vergessen und ins Bett gehen.“ Mit spitzen Fingern schnappte sich Amalia eine der Decken und warf sie über das Brett.
   Verfluchtes Ding, dachte sie für sich.
Warum hatte sie es bloß zugelassen, dass sie es benutzten? Irgendetwas in ihr hatte doch die ganze Zeit schon dagegen protestiert, oder nicht? Zitternd erhoben sich die anderen drei und kamen auf ihre neue Freundin zu, die noch immer neben ihrem Bett über die Nachttischlampe gebeugt stand.
   „Können wir zusammen bleiben? Ich will da nicht schlafen…“, meinte Bianca mit zitternder Stimme und ließ sich auf Amalias Bett fallen. Diese nickte energisch, da sie das blonde Mädchen verstehen konnte. Sie selbst hätte auch nicht gern neben diesem Teufelsding geschlafen. Vor allem nicht nach diesem Ausbruch.
Zitternd und fröstelnd legten sich die vier nebeneinander und versuchten die Augen zu schließen. Im Anbetracht der Tatsachen fiel ihnen das Einschlafen jedoch mehr als schwer.
Was würde passieren, wenn der Geist zurückkam? Konnte er sie weiter heimsuchen oder ließ er sie in Ruhe? Und was, beziehungsweise wen hatte er mit „Hexenpack“ gemeint? Fragen über Fragen schwirrten durch Amalias Kopf und hielten sie stundenlang wach. Selbst als neben ihr die Mädchen ruhig zu atmen begannen, konnte sie sich einfach nicht dazu durchringen, die Augen zu schließen. Eines wurde ihr nun deutlich bewusst. Ihre Großmutter hatte recht gehabt, was die Tür in der Treppe anging. Sie hätte geschlossen bleiben müssen. Was auch immer dort unten noch für Gefahren lauerten, morgen würde Amalia sie wieder einsperren, zusammen mit dem vermaledeiten  Hexenbrett.


Vielleicht hatte sie sich geirrt, was Würzburg anging. Vielleicht war es hier doch nicht so viel besser als in Berlin. In der Hauptstadt gab es wenigstens keine gefährlichen, okkulten Gegenstände und keine geheimnisvollen Türen, die man unbedingt öffnen wollte.


Na, wie fandet ihr es? Was wird der Geist wohl tun und wen hat er mit "Hexenpack" gemeint? Irgendwelche Vermutungen? Ich freue mich auf eure Meinung und bedanke mich schon jetzt dafür, dass ihr so fleißig lest. Das bedeutet mir echt viel!
Ihr kennt das Spiel inzwischen sicherlich, aber ich sage es nochmal. Nächsten Sonntag gibt es ein neues Kapitel, das ihr etwas früher auch hier finden könnt...




Bis zum nächsten Mal!
Eure Kate


      




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