Samstag, 11. Februar 2017

Namen finden (2) | Vornamen und alles, was dazugehört | Wie schreibt man ein Buch?


Heute geht es gleich weiter mit dem zweiten Teil der Namensfindungsserie. Nachdem wir das Grundsätzliche IM VORHERIGEN POST geklärt haben, widmet sich dieser Post den Vornamen eurer Charaktere. Dazu gehören natürlich Autentizität, Klischees und auch die Vergabe von Spitznamen. 

Wie findet ihr eure Vornamen? Geht ihr nach einem bestimmten System vor oder macht ihr das frei Schnauze?
Schreibt's mir in die Kommentare oder PER TWEET AN @KATESSTARK.

Ich freue mich auf euch!
❤ Kate


DAS SETTING
WAS PASST? Die erste Frage, die ihr euch bei der Auswahl von Namen stellen solltet, ist folgende: Passt das zu meinem Setting? Sollte die Antwort "Nein!" sein, dann lasst den Namen weg und sucht euch einen, der besser dazu passt. Manchmal ist das hart, weil einem der Name wirklich gut gefallen hat, aber wenn er sich nicht nahtlos in euer Setting einfügt, ist es besser, ihn fallen zu lassen oder für später aufzuheben.
AUTENTIZITÄT Das ist der Grund, warum ihr unpassende Namen vermeiden solltet. Erinnert ihr euch noch an Hans aus DEM VORHERIGEN POST, der in der Stadt Júliv'kòlynjákínkaaa gelebt hat? Wenn die Orte in euerer Welt nur solche Buchstabenkotzennamen haben, passt ein Hans da nicht wirklich rein, vor allem dann nicht, wenn Hans und dessen Eltern allesamt in Júliv'kòlynjákínkaaa geboren wurden und keinerlei Verbindung zur Erde haben. Es ist schlichtweg nicht authentisch und eure Leser werden sich immer fragen, woher Hans' Eltern diesen für Júliv'kòlynjákínkaaa untypischen Namen herhaben. Erklärungen helfen an dieser Stelle auch nicht wirklich weiter. Wenn aber ein Hans in Hinterdupfingen oder ein Búlyüpòrqui in Júliv'kòlynjákínkaaa leben, kann man das schon leichter nachempfinden (auch wenn die Buchstabenkotze noch immer nicht so toll ist). Die Namen passen zum jeweiligen Setting dazu und erscheinen nicht fremd in der betreffenden Welt.
BLOSS NICHT! Ich kenne das nur zu gut. Man ist wieder im Internet auf Namenssuche und findet einen, der wirklich, wirklich wunderschön ist. Er lässt den alten Namen eures Protagonisten vor Neid erblassen und wäre so viel perfekter für euren Helden. Einziges Problem: Der Name passt so gar nicht ins Setting. Die Versuchung, der man dabei widerstehen muss, ist gigantisch, aber auch wenn Hans für euren Helden aus Júliv'kòlynjákínkaaa der perfekte Name wäre, weil ihr in so schön findet, rate ich es euch doch sehr bei Búlyüpòrqui zu bleiben, um die Autentizität zu wahren.



ANGEPASST VS AUSSERGEWÖHNLICH
ANGEPASST Das ist immer noch die beste Möglichkeit, um die Authentizität in Takt zu halten, wie ihr aus dem obigen Abschnitt wisst. Vor allem für weniger wichtige Charaktere in euren Büchern sind solche Namen am besten. Sie geben dem Leser das Gefühl von gutem und durchdachtem Worldbuilding und machen so die Geschichte realer, auch wenn sie in fiktionalen Welten spielen voller Magie und Wunder.
AUSSERGEWÖHNLICH Solche Namen werden meistens für die Protagonisten angestrebt oder für besonders wichtige Personen aus der Geschichte eures magischen Königreichs. Außergewöhnliche Namen sind okay, wenn man sie in Maßen gebraucht und es nicht allzu sehr übertreibt, es also nicht so macht wie ich es IM VORHERIGEN POST erklärt habe. Zu viele solcher besonderen, seltenen oder ungewöhnlichen Namen in euren Geschichten solltet ihr aber vermeiden. Je mehr ihr davon habt, umso eher glaubt euer Leser, dass ihr eurem Worldbuilding nicht treu bleibt, oder dass ihr das dabei überhaupt nicht bedacht habt. Konsequenz: Der Leser ist nicht ganz so überzeugt von der Geschichte und wird hier und da einige Punkte abziehen, weil diese Namen einfach nicht mit dem gezeigten Gesamtbild zusammenpassen.
MITTELWEG Wenn ihr aber trotzdem ein paar schöne außergewöhnliche Namen in eure Bücher einbauen möchtet, ohne dass es euren Lesern gleich negativ auffällt, solltet ihr einen Mittelweg einschlagen. Sucht nicht mehr als drei bis fünf besondere Namen für Charaktere aus und achtet darauf, dass sie wenigstens ein bisschen in eure Welt passen. Statt des völlig außergewöhnlichen Hans oder des angepassten Búlyüpòrqui aus Júliv'kòlynjákínkaaa könnte das ein Jákín sein. 
Falls ihr ein paar außergewöhnliche Namen verwendet, achtet darauf, dass ihr den anderen Figuren angepassten Namen gebt, die dem Setting und Worldbuilding eurer Geschichte entsprechen.

KLISCHEES
Über dieses Thema habe ich bereits IM VORHERIGEN POST berichtet. Klischees finden sich leider allzu oft in Fantasy-Büchern und sind oft das Ergebnis von übereifrigen Autoren, deren Gehirn kurzzeitig ausgesetzt hat. Mit ein paar dieser Klischees möchte ich in diesem Post noch einmal aufräumen und euch die daraus entstehenden Nachteile aufzeigen.
BUCHSTABENKOTZE Für alle, die den vorherigen Post zu diesem Thema noch nicht gelesen haben: Buchstabenkotze = Júliv'kòlynjákínkaaa = sinnlose Akzente, Sonderzeichen und Buchstabenkostrukte = unaussprechlich = in euren Geschichten zu vermeiden. Viele Autoren machen das, gerade im Bereich High Fantasy, vermutlich weil sie dem lieben Tolkien nacheifern wollen. Aber Nacheifern ist nicht immer gut, vor allem wenn hinter diesen unaussprechlichen Buchstabenkonstrukten keine Logik steckt. Bei Tolkien basierte das alles auf einem festen System. Der Mann hat Jahre gebraucht, um das zu entwickeln. Solltet ihr tolkineske Namen für eure Bücher haben wollen, bitte ich euch inständig, nicht einfach blind auf eurer Tastatur herumzutippen, bis ein Name herauskommt, der dem Elbischen entsprungen sein könnte. Entwickelt ein System, dass dahinter steht, das sich wiederholt und so zumindest dem Leser das Gefühl gibt, als steckte mehr hinter den Namen als bloß heiße Luft und der Wunsch einem Autoren nachzueifern, der für viele von uns unerreichbar ist. Ihr müsst dafür keine eigene Sprache entwickeln, die so sehr ins Detail geht wie bei Tolkien. Ein paar Endungen, Wortanfänge und gebräuchliche Silben, die zusammen ein paar Grundregeln folgen, reichen schon, um etwas mehr Authentizität zu vermitteln und eure Welt greifbarer für den Leser zu machen.
HUNDERT NAMEN Was ich bei manchen Büchern, gerade auch auf wattpad und Fanfiktion.de beobachtet habe, sind die ewig langen Namen von Protagonisten. Da hat der Held nicht einfach einen Namen, sondern gleich drei, vier, fünf oder noch mehr und dann noch den Nachnamen. Zwei wesentliche Nachteile fallen mir da immer ein. Erstes kann sich ein Leser wohl kaum alle diese Namen merken, manche können ja kaum den ersten im Kopf behalten. Zweitens verballert man bei einer einzigen Person gleich so viele schöne Namen, die man auch anderswo für einen weiteren Charakter hätte einsetzen können. Es gibt gewisse Gründe, da sind mehrere Namen gerechtfertigt, aber in der Regel würde ich so wenige wie möglich vergeben, einfach um es eurem Leser leichter zu machen.
EXZENTRISCH sind viele Namen in Büchern. Ob das nur Buchstabenkotzen sind, hunderte Namen für einen Charakter oder viel zu außergewöhnliche Namen, die überhaupt nicht zu eurem Setting und Worldbuilding passen. In Maßen ist das okay, aber je weniger man davon in einem Buch hat, umso besser.




ANZAHL DER VORNAMEN
Gerade habe ich es schon angesprochen. Einem Charakter mehrere Namen auf einmal zu geben, hat viele Nachteile, aber an manchen Stellen gibt es gewisse Gründe, es doch zu tun. Einige davon habe ich hier aufgelistet und werde darauf eingehen. Trotzdem betone ich auch hier, dass man wirklich nicht übertreiben muss damit. Wirklich nicht.
DOPPELNAMEN sind ziemlich häufig. Mir würden spontan mindestens fünf Leute einfallen, die einen Doppelnamen wie Anna-Lena, Anna-Maria oder Anne-Sophie tragen. Man sieht, dass die Namen noch relativ kurz und einprägsam sind. Je länger sie werden, umso eher neigt man dazu, die Person nur noch mit dem ersten Namen zu rufen oder das irgendwie abzukürzen. Sollte es in eurer ausgedachten Kultur ebenfalls Doppelnamen geben, egal ob jetzt die irdischen bekannten oder erfundene, rate ich es euch, sie wie die obigen Beispiele kurz und prägnant zu halten. Vielleicht wiederholt sich einer der beiden Teile des Doppelnamens immer wieder wie das bei Anna/Anne der Fall wäre. Zu lange erfundene Doppelnamen sind wieder schwer für die Leser, weil sie sich diese nicht so leicht merken könnten wie einen, den sie bereits kennen (Anna-Lena, etc.).
ZWEITNAMEN sind bei den meisten von uns ja recht verbreitet. Wahrscheinlich hat fast jeder von euch einen, ob es nun der Name des Paten oder der Patin sind oder irgendwelche anderen, die euch eure Eltern gegeben haben (z.B. nach Großeltern, anderen Verwandten, etc.). Ist das in eurer Kultur auch der Fall oder hört sich ein Doppelname nur besser an? Aus welchen Gründen wird ein Zweitname vergeben? Ist es wie bei uns der eines Paten oder der eines verehrten Familienmitglieds? Stellt er eine Eigenschaft dar, die mit dem Schicksal des Kindes verbunden ist, oder können die Eltern frei wählen und entscheiden? Wieso trägt ausgerechnet dieser Protagonist jenen Zweitnamen und keinen anderen? Wieso haben sich dessen Eltern dafür entschieden oder werden Namen ganz anders für die Kinder ausgewählt?
ADEL ist ein spezieller Grund, warum mehrere Namen zulässig sind, vorausgesetzt, er ist ähnlich aufgebaut wie der irdische Adel. Meist haben die Kinder von Grafen, Herzogen und Prinzen mehrere Namen. Ob das nun zwei, drei oder doch nur ein weiterer ist, liegt ganz bei euch. Wichtig ist, dass ihr euch auch hier wieder an den Grundsatz haltet und keine Namen vergebt, die nicht zum Setting passen. Solltet ihr zuvor schon festgelegt haben, dass auch der Adel nicht mehr Namen hat als ein normaler Bürgerlicher, solltet ihr von dieser Regel nicht abweichen, es sei denn ihr hattet einen guten Grund dafür. Und der muss dann auch wirklich gut sein, sonst nehmen es euch die Leser nicht ab.

SPITZNAMEN UND DEREN VERGABE
Neben den richtigen Namen, die Charaktere meist mit ihrer Geburt erhalten (es sei denn in euren Welten läuft das anders), erhalten die meisten auch eine Sorte von Spitznamen. Wie viele habt ihr denn oder hattet ihr schon, wenn ihr euch an eure Kindheit zurückerinnert? Bei mir sind das schon einige, also ist es nur natürlich, wenn eure Charaktere auch ein oder zwei bekommen. Natürlich nicht zu viele, sonst kommen nicht nur die Leser irgendwann durcheinander, sondern auch ihr selbst (glaubt mir, ist mir alles schon passiert).
BEINAMEN sind für mich Namen, die euren Charakteren von anderen verliehen wurden, beispielsweise für eine Heldentat, eine besondere Eigenschaft oder etwas Ähnliches. Sie sind keine Spitznamen an sich, machen aber neugierig auf die Person und verdichten das Worldbuilding nur noch mehr. Ein bekanntes Beispiel wäre Brandon Stark aus Ein Lied von Eis und Feuer, der meist als Brandon the Builder (dt. der Erbauer) auftritt, weil er Gebäude wie Winterfell errichtet hat und auch am Bau der Mauer beteiligt gewesen sein soll. Ein Beispiel aus der Geschichte, das mir dazu noch spontan einfällt, ist William the Conquerer (dt. der Eroberer), der von Frankreich aus England erobert hat (mehr dazu HIER). 
ALIASNAMEN nutze ich meistens nur für mich intern. Das sind dan Namen wie "der verrückte Zauberer" oder "der Elfenkönig", die etwas über einen Charakter aussagen, ohne ihn beim Namen zu nennen. Meist vereine ich dabei verschiedene Eigenschaften des Helden (verrückt + Zauberer oder Elf + König). Manchmal fließen diese Aliasnamen auch in die Geschichten mit ein, damit ich nicht immer den richtigen Namen des Charakters nutzen muss und mich nicht ständig damit wiederhole. Solche Dinge schon im Voraus festzulegen, spart wieder etwas Zeit beim Schreiben. Nicht viel, aber immerhin.
SPITZNAMEN und deren Vergabe müssen (!!!) unbedingt an euer Setting angepasst werden. Vielleicht gibt es keine Spitznamen, also solltet ihr auch keinem Charakter einen geben. Wie entstehen Spitznamen? Sind es bloß Abkürzungen für längere Namen oder ähnlich wie Bei- und Aliasnamen? Wer vergibt die Spitznamen? Kann man sich die selbst aussuchen oder werden sie einem gegeben? Wenn letzteres, von wem?
TITEL sind meist mit dem Adelsstand verbunden. Ist euer Protagonist ein König, Prinz, Herzog, Baron, etc.? Das scheint zumindest die offensichtliche Bedeutung zu sein, aber auch die Anrede als Herr/Frau fällt darunter. Gibt es in eurer Welt evtl. eine Entsprechung für Herr/Frau oder das recht beliebte Lord/Lady? Notiert euch das unbedingt und erklärt das, wenn der Name eures Charakters zum ersten Mal in eurem Buch fällt, sonst denkt euer Leser am Ende, dass eure Lord-Entsprechung nur ein weiterer Name ist. 



DIE VIELFÄLTIGKEIT MACHT ES
Jetzt haben wir die Grundsätze für Vornamen besprochen, mit Klischees aufgeräumt und auch die Vergabe von Spitznamen bedacht. Was kommt denn jetzt noch, werdet ihr euch fragen. Das hier ist eine kleine Feinheit, die nicht immer alle Autoren bedenken, wenn sie sich Namen ausdenken, aber natürlich gibt es zwischen kulturellen Schichten immer Unterschiede. Das ganz normale Kevin/Chantal vs Maximilian/Amalia eben (Das soll jetzt nicht diskriminierend rüberkommen. Sorry, falls es sich so anhört.). Wenn ihr diese Feinheiten in Namen herausarbeiten könnt, verdichtet ihr damit das Worldbuilding noch umso mehr und zeigt euren Lesern so, wie durchdacht eure Welt ist. Konsequenz: Die Welt wirkt realer und authentischer. (Ich weiß, ich wiederhole mich, aber das unterstreicht nur noch, wie wichtig das alles ist.)
ARM ODER REICH Mein oben angeführtes Beispiel zwischen Kevin und Maximilian bzw. Chantal und Amalia sind nicht unbedingt die besten Beispiele für diesen Unterschied, aber ihr versteht sicher, was damit gemeint war. Meist etablieren sich innerhalb der ärmeren Bevölkerung einfache, kurze Namen wie beispielsweise unser Hans, während in höheren Kreisen zu außergewöhnlicheren, meist längeren Namen gegriffen wird. Überlegt euch, wie ihr den Unterschied zwischen Arm und Reich innerhalb eurer Namenssystematik darstellen könnt. Vergeben ärmere Bürger vielleicht nur eigenschaftsbasierende Namen an ihre Kinder? Sind die Namen der Reichen etwas außergewöhnlicher als die der ärmeren Bevölkerung? Doppelnamen könnten beispielsweise ein Merkmal für reichere Bürger sein. Was passt am besten zu eurem Setting?
STADT ODER LAND Auch in dieser Hinsicht können sich Namen unterscheiden. Während man in der Stadt vielleicht Namen nach wertvollen Edelsteinen auslegt, nutzt man auf dem Land Worte, die mit der Natur um die Bewohner herum im Zusammenhang stehen. Hier gilt ebenfalls die Frage, was zu eurem Setting passt und mit welchen Merkmalen ihr die Namen der Land- bzw. Stadtbevölkerung ausstattet.
FREMDER ODER EINHEIMISCHER Dieser Punkt ist zwar eher nebensächlich, aber ich wollte ihn trotzdem erwähnen, damit ihr ihn bei eurem World- und Characterbuilding in Erwägung ziehen könnt. Gerade wenn ihr eine eigene Welt aufbaut und Länder mit mehreren Kulturen habt, sollte man erkennen, wenn jemand aus einem anderen Land kommt. Wie unterscheiden sich die Namen euerer unterschiedlichen Namen voneinander? Ist es vielleicht gerade Mode, Namen einer bestimmten Kultur zu verwenden? Wie erkennt man jemanden aus einem anderen Land, wenn man nur den Namen kennt? (Anmerkung: Vieles geht hier natürlich auch über die Nachnamen, die wir im nächsten Post besprechen werden.)

WEITERFÜHRENDE LINKS
[Wie findet man die richtigen Namen für Charaktere und Handlungsorte? Dieser Post klärt grundsätzliche Fragen und einige wichtige Begriffe.]
[Wie erstellt man authentische und sympathische Charaktere? Welche Punkte man dabei beachten muss, um eine Bindung zwischen Charakter und Leser herzustellen werden in diesem Post zusammengefasst.]
VIDEO | VORNAMEN UND ALLES, WAS DAZUGEHÖRT
[Das Video zu diesem Thema mit allen wichtigen Punkten knapp zusammengefasst.]



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