Sonntag, 31. Januar 2016

Geisterstunde [Teil 16] Kapitel 15


Hallo ihr Lieben!
Dieses Kapitel ist wieder pünktlich online gegangen, aber es war nicht gerade leicht, diese Zauberformeln so hinzubekommen. Entdeckt jemand das System, mit dem ich die Worte verschlüsselt habe? Wenn ich ehrlich bin, habe ich das schon wieder vergessen :)
Naja, ich hoffe, ihr hattet ein tolles Wochenende und seid bereit für den Februar. Kaum zu glauben, dass schon wieder ein Monat rum ist, was?


Nach der Scheidung ihrer Eltern zieht Amalia Altenberg mit ihrer Mutter in deren Geburtsort Würzburg. Im Haus ihrer Großmutter scheint es lange gehütete Geheimnisse zu geben. Flüsternde Stimmen halten Am nachts wach und verfolgen sie sogar in ihren Träumen. Als sie bei einer Übernachtungsparty mit ihren neuen Freundinnen die verschlossene Tür im Hausgang öffnet, stößt sie auf eine völlig andere Welt. Bei einer harmlosen Partie mit dem Hexenbrett rufen die vier Freundinnen versehentlich einen rachsüchtigen Geist, der offenbar noch eine Rechnung mit der Familie Altenberg zu begleichen hat. Kann Amalia mit ihrem begrenzten Wissen über Magie den Geist vertreiben? Und welche Geheimnisse hütet ihre Großmutter noch?





Auf dem Gang rannte sie an ihrer Großmutter und Marcella vorbei, die sich während Ams kurzem Besuch auf eine Bank niedergelassen hatten. Verdutzt blickten sie dem aufgewühlten Mädchen nach. Amalia hörte sie rufen, doch wollte sie nicht antworten. Jede Faser in ihrem Körper war damit beschäftigt, so schnell wie möglich zurück in das Arbeitszimmer ihres Großvaters zu kommen. Dort würde sicher etwas finden, um den Geist zu vertreiben.
Dass sie mit Eleonoras Auto schneller am Ziel wäre, kam ihr jedoch nicht in den Sinn.
Nein, sie war viel zu beschäftigt damit, grimmig drein zu schauen. Wenn dieser Geist hier irgendwo sein sollte, konnte er es ruhig wissen. Er sollte wissen, dass er bald jenseits vom Jenseits seine gemeinen Späße vollbringen durfte. Genau dorthin würde Am ihn nämlich befördern, koste es, was es wolle! Bloß nicht das Leben der Menschen, die ihr lieb und teuer waren.
Im Eingangsbereich des Krankenhauses packte sie jemand am Arm. Es war Marcella, die ihre Tochter eindringlich musterte. Ihr Blick war voller Sorge. Aber noch etwas anderes konnte man darin erkennen. Wenn man sich ganz genau konzentrierte, sah man tiefste Trauer.
Auch wenn es Am hart und unfair erschien, wollte sie ihre Mutter nicht darauf ansprechen. Nicht jetzt. Vielleicht irgendwann, wenn der Geist endlich vertrieben war.
   „Hey, Am! Ganz ruhig, okay? Ich weiß nicht, was in deinem zauberhaften Kopf vor sich geht, aber mit dem Auto sind wir schneller.“ Sie deutete auf Eleonora die bereits vor der Türe wartete und Amalia fragte sich, wie ihre Großmutter wohl so schnell dorthin gelangen konnte. Sie nickte knapp und folgte den beiden anderen zurück zum Parkplatz.

Während der Heimfahrt herrschte angespanntes Schweigen in dem alten Geländewagen. Jeder schien zu wissen, was Am vorhatte. Es war bloß zu absurd, zu wirklichkeitsfern, um es laut auszusprechen. Vor allem Marcella schien damit große Probleme zu haben. Obwohl sie vorgab, aus dem Fenster zu sehen, fiel ihr Blick ständig auf ihre Tochter. Sie schien das Mädchen zu untersuchen, zu analysieren, als wäre sie einer ihrer Patienten.
Am gefiel diese ständige Beobachtung ganz und gar nicht. Im Moment war sie jedoch einfach zu feige, um es ihrer Mutter mitzuteilen. Sie alle würden etwas Zeit benötigen, ehe sie in gutem Gewissen mit Amalias Entscheidungen würden leben können.
Als sie endlich Unterdürrbach erreichten und durch den Wald zu Eleonoras Haus fuhren, schloss Am die Augen. Sie wollte die vielen Bäume nicht sehen. Wer wusste schon, was sich dahinter alles verbarg? Die Welt der Mythen war beinahe genauso real, wie ihr bisheriges Leben. Es musste noch mehr dort draußen sein, außer Hexen und Geister.
Bei diesem Gedanken bekam sie eine Gänsehaut. Was würde sie dann alles im Untergrund erwarten, den ihr Großvater in seinem Buch mehrmals erwähnt hatte? Welche Kreaturen lauerten dort?
Sicher waren wütende Geister noch ihr kleinstes Problem. Wenn andere magische Wesen erst herausfanden, dass es eine neue Altenberg-Hexe gab, dann konnte weitaus Schlimmeres passieren. Dessen war sich Am wohlweislich bewusst.
Kaum hatte Eleonora den Wagen zum Stehen gebracht, war ihre Enkelin auch schon ausgestiegen und auf dem Weg zur Haustür. In ihren Jackentaschen suchte sie nach dem Schlüssel, doch schien das Schloss etwas anderes vorzuhaben. Es klackte ein paar Mal, dann sprang die Tür wie von Geisterhand auf.
Vielleicht hatte Ams unsichtbarer Feind bereits Lunte gerochen und wollte es darauf ankommen lassen. Oder aber es waren ihre eigenen Kräfte gewesen, die ihr zur Hilfe geeilt waren. Was auch immer, Hauptsache, die Tür war geöffnet und Amalia konnte eintreten.
Sofort war sie bei den Stufen, die in den Keller führten. Eilig stürzte sie diese hinab. Das Licht kam gar nicht so schnell hinterher. Erst als Am bereits vor dem Bücherregal stand, flackerte es auf und hüllte das staubige Zimmer in einen angenehm warmen Schein.
Ohne zu zögern, griff sie sich einen Wälzer nach dem anderen. Irgendetwas sagte ihr, dass sie nun in der Lage sein würde, die vielen leeren Seiten zu lesen. Und tatsächlich waren sie dicht beschrieben mit feinen Buchstaben, einige sogar gedruckt. Auch die einzelnen Titel schimmerten nun golden auf den ledernen Buchrücken. Das erleichterte Am die Suche nach einem Zauber gegen den Geist umso mehr.

Die Zeit schien ihr davonzulaufen. Immer war sie Amalia einen Schritt voraus. Wenn sie sich nicht beeilte, würde Bianca noch etwas Schlimmeres passieren als dieser schreckliche, komatöse Zustand. An die anderen Freundinnen wollte Am überhaupt nicht denken. Niemals könnte sie es sich verzeihen, wenn auch nur eine von ihnen starb oder so wurde wie Bianca.
Regalfach um Regalfach suchte sie ab, ehe sie ein sehr dünnes Buch fand, das ihr möglicherweise mehr helfen konnte. Geister beschwören und vertreiben stand auf den Titel. Ein besseres Exemplar hätte sie nicht finden können.
Für einen kurzen Augenblick vergaß sie den Ernst ihrer Lage und klatschte begeistert in die Hände. Ein übler Fehler, denn plötzlich stand sie im Dunklen. Verwundert blickte sie sich um und drückte dabei schützend das Büchlein an sich. Ein paar Sekunden verstrichen und Am wünschte sich sehnlichst, dass es wieder hell wurde im Keller. Ein leises Surren erklang und kurz darauf war das Licht wieder an.
Genervt schüttelte sie den Kopf. Solche Vorfälle hinderten sie nur am Erreichen ihres Ziels. Solange sie ihre Fähigkeiten nicht kannte, beziehungsweise beherrschen konnte, musste sie auf allzu heftige Bewegungen verzichten.

Mit den größten Erwartungen schlug sie das Buch auf und blätterte zum Inhaltsverzeichnis. Es war in zwei Teile aufgespalten. Die eine Hälfte des Geschriebenen befasste sich mit dem Beschwören von Geisterwesen und Techniken, die dafür erforderlich waren. Alles Dinge, die Am und ihre Freundinnen außer Acht gelassen hatten. Den Geist hatten sie ja schon gerufen, also konnte die Junghexe diesen Teil überspringen und gleich zum Vertreibungsteil blättern.
Nie in ihrem Leben hätte sie damit gerechnet, dass diese Hälfte des Buchs mehrere Kapitel umfassen würde. Es schien so viele Möglichkeiten zu geben, einen Geist zu verscheuchen, dass Am schon nach einem Viertel der Ritualnamen der Kopf schwirrte.
Sie hatte es eilig, verdammt, da konnte sie doch nicht auch noch hundert dicht bedruckte Seiten lesen! Schnell blätterte sie durch die Seiten und suchte nach einem Zauber, der ihr auch wirklich garantieren konnte, dass der Geist für immer verschwand. Ein Ritual mit dem wunderbaren Namen Zerstörung eines Geistes schien Am die geeignetste Methode zu sein, um ihren Widersacher endlich loszuwerden. Dass hierfür sehr gute Kenntnisse der Magie, sowie immense Kräfte vonnöten waren, interessierte sie nicht.

In Windeseile hatte sie alles zusammengesucht, was sie für die Vertreibung benötigen würde. Fünf weiße Kerzen, eine Flasche Weihwasser und etwas Salz waren schnell gefunden.
Woher sie wusste, wo sich die Zutaten befanden, erklärte Am sich einfach mit hexischer Intuition. Die Welt war plötzlich so viel einfacher, wenn man eine solch wunderbare Methode hatte, sich die seltsamsten Vorkommnisse zu erklären.
Um jegliches Risiko eines Fehlschlags zu vermeiden, hielt sie die Vorgaben des Buches penibel ein. Wieder wurde die Pentagrammmarkierung auf dem Boden des Arbeitszimmers benötigt. Diesmal jedoch musste sie die Kerzen in die Spitzen stellen. In der Mitte musste neben dem kleinen Häufchen Salz das Weihwasser vergossen werden, ehe sie mit dem Ritual beginnen konnte.
Ein paar Mal atmete sie tief durch, um sich zu konzentrieren, dann begann sie mit der Zauberformel. Marcella und Eleonora taten gut daran, sie nicht zu stören. Die magischen Worte waren noch komplizierte als die ersten, die Am gesprochen hatte.
   „Wyukj, zyl zi üukj wysoqqyp di qul“, stotterte sie unsicher. Die Wörter waren einfach unaussprechlich. Ob sie sie stattdessen buchstabieren sollte? Es war sicher besser, als sie falsch zu sagen.
   „Wyukj, zyp uäv luyx – hylkävupzyp korrkj zi pip, dylknlupwyp korrkj zi pip.“ Auf diese Weise gingen ihr die Worte leichter über die Lippen. Vielleicht setzte man in der Welt der Magie, schnelles Buchstabieren mit langsamen Lesen gleich. Wenn sie Glück hatte, würde es auch so funktionieren.
   „Ipz puyqörk gulkj up Xluyzyp livyp.“ Je weiter sie vorbuchstabierte, umso besser wurde sie darin, die Schriftzeichen zu Wörtern zusammen zu fügen. Trotzdem war es eine umständliche Zungenakrobatik, die Am für völlig unnötig hielt.
   „Quäv ipz zuy qyupyq rckkj zi xlyu. Puyqöpz qyvl zyup Oixyl kyu.“ Nun floss die Zauberformel nur so aus Amalia heraus. Laut hallten ihre Worte an den Wänden wider, knisternd stoben die Kerzenflammen in die Höhe und das Weihwasser zu ihren Füßen floss die Linien des Pentagramms entlang. Es wäre sicher ein höchst merkwürdiger Anblick, meinte Am, wenn sie sich selbst sehen könnte.
   „Wyv vupxolj, ypjkävupzy diq zipsyrkjyp Olj ipz puy syvly dilbäs öp zuykyp Olj.“ Endlich hatte sie es geschafft und den schwierigen Part hinter sich gelassen. Nun musste sie lediglich still stehen bleiben. Dies fiel ihr jedoch alles andere als leicht.
Zischend verdampfte das Wasser auf den Linien, die Flammen der Kerzen stoben noch höher und das Salz verrauchte ganz einfach. Wenn es nicht so unglaublich unheimlich gewesen wäre, wäre Am sogar irgendwie stolz auf sich.
Um die Ecken des Pentagramms begann es plötzlich zu flirren. Blauer Nebel stieg auf und trennte Amalia vom Arbeitszimmer ab. Der Boden vibrierte leicht und fast fühlte es sich so an, als würde sie schweben.
Plötzlich tauchte eine geisterhafte Gestalt auf. Ein Mann aus wirbelndem, weißen Nebel stand keine vier Schritte von ihr Entfernt und starrte sie an. Sein Gesicht war grimmig, soweit man das durch die ständige Bewegung des hellen Flaums erkennen konnte.
Der Geist war gekommen, doch zerstört war er nicht. Was also hatte sie falsch gemacht? Lag es daran, dass sie eines der Zauberworte falsch ausgesprochen hatte? Oder gab es einen anderen Grund?
Bevor sie länger darüber nachdenken konnte, wischte der Geistermann mit seiner Nebelhand durch die Gegend. Es donnerte, als würde außerhalb des Pentagramms ein Sturm toben. Eine zweite Gestalt erschien. Im Gegensatz zur ersten, war diese alles andere als eine Fremde für die junge Hexe.

Es war Bianca und sie schien genauso überrascht, ihre Freundin zu erblicken, wie diese selbst.


Ich wünsche euch einen guten Start in die neue Woche und freue mich natürlich über eure Meinung zu der Geschichte. Finden könnt ihr die übrigens auch auf...



Bis zum nächsten Mal!
Eure Kate

  





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