Sonntag, 24. Januar 2016

Geisterstunde [Teil 15] Kapitel 14


Hallo ihr Lieben!
Heute kommt das neue Kapitel etwas verspätet, da ich leider vor lauter Korrekturen meines Schreibwettbewerb-Projekts gar nicht mehr an GEISTERSTUNDE gedacht und deswegen vergessen habe, dass die neuen Kapitel noch überarbeitet und hochgeladen werden müssen.
Nichtsdestotrotz wünsche ich euch viel Spaß beim Lesen und freue mich natürlich über eure Meinung :)


Nach der Scheidung ihrer Eltern zieht Amalia Altenberg mit ihrer Mutter in deren Geburtsort Würzburg. Im Haus ihrer Großmutter scheint es lange gehütete Geheimnisse zu geben. Flüsternde Stimmen halten Am nachts wach und verfolgen sie sogar in ihren Träumen. Als sie bei einer Übernachtungsparty mit ihren neuen Freundinnen die verschlossene Tür im Hausgang öffnet, stößt sie auf eine völlig andere Welt. Bei einer harmlosen Partie mit dem Hexenbrett rufen die vier Freundinnen versehentlich einen rachsüchtigen Geist, der offenbar noch eine Rechnung mit der Familie Altenberg zu begleichen hat. Kann Amalia mit ihrem begrenzten Wissen über Magie den Geist vertreiben? Und welche Geheimnisse hütet ihre Großmutter noch?






Irgendwie hatte es Marcella fertig gebracht, mit der mysteriösen Familiengeschichte klarzukommen. So sah es zumindest aus.
Auf dem Weg zum Krankenhaus hatte sie ihr Handy gezückt, ein steinzeitliches Ding, riesig und ohne Farbdisplay, und einen ihrer Kollegen angerufen. Es hatte nicht lange gedauert, ehe dieser ihr mitgeteilt hatte, auf welcher Station sie Bianca finden könnten.
Mit jeder Minute wuchs die Anspannung in Am mehr und mehr. Obwohl ihre Großmutter alles aus ihrem Wagen herausholte, schien es dennoch eine Ewigkeit zu dauern, ehe sie endlich das Gelände der Universitäts-Klinik Würzburg erreichten.
Während Eleonora noch mit der Suche nach einem geeigneten Parkplatz beschäftigt war, sprang Amalia kurzerhand aus dem Auto, um sich alleine auf die Suche nach ihrer Freundin zu machen. Ein vergebliches Unterfangen. Die Klinik erstreckte sich über ein weitläufiges Areal, eine Ansammlung aus Straßen und Gebäuden. Ohne ihre Mutter wäre sie vermutlich aufgeschmissen.
   „Am, jetzt warte doch mal! Du weißt doch überhaupt nicht, wo du hin musst.“ Von weit weg drang die verzweifelte Stimme ihrer Mutter an ihr Ohr.
Entweder hatte Marcella eins und eins zusammengezählt und Biancas Zusammenbruch mit dem Geist in Verbindung gesetzt, oder aber sie konnte noch immer nicht fassen, welche Geheimnisse Eleonora vor ihr verborgen hatte.
Marcella folgte ihrer Tochter, die ziellos über die gepflasterten Fußgängerüberwege rund um die Notaufnahme hastete. Als sie Am endlich erreicht hatte, packte sie sie fest am Arm und drehte sie zu sich um.
   „Das ist der falsche Weg. Komm, wir müssen da lang!“ Ihre Mutter deutete auf eine stark befahrene Straße und die Gebäude dahinter. Amalia konnte nur schemenhafte Umrisse erkennen, da ihr die Tränen die Sicht zu nehmen drohten.
In diesem Moment wünsche sie sich nichts anderes, als wieder daheim in Berlin zu sein. Dass alles wieder wie früher war. Sie wollte nicht, dass jemand wegen ihr leiden musste. Schon gar nicht die arme Bianca!
Plötzlich wurde alles zu viel für Am. Die Tränen strömten nur so aus ihren Augen. Schluchzend warf sie sich ihrer Mutter in den Arm und konnte sich nicht mehr rühren. Erst als Eleonora vom Auto hergestöckelt kam, löste Marcella vorsichtig ihre Tochter von sich. Auch ihre Augen glänzten feucht.
   „Amalia! Was bei allen guten Geistern hast du dir dabei gedacht? Du hättest tot sein können, ist dir das klar?“ Ihre Großmutter raufte sich die Haare. Offenbar schienen alle Altenbergs unter den nervenaufreibenden Umständen zu leiden.

Schweigend führte Marcella sie weiter, drückte fest Ams Hand, um sie zu beruhigen.
   „Dieses Mädchen, diese Bianca … Die ist einfach so umgekippt? Das kann doch mal passieren, vielleicht hat sie zu wenig gegessen oder getrunken.“ Nachdenklich kratze sich die alte Dame am Kopf. Am hätte diesen am liebsten abgeschlagen. In manchen Momenten besaß ihre Großmutter das Taktgefühl und den Anstand einer Kartoffel.
   „Bianca war nicht so eine… Selbst wenn, das hätten die Notärzte doch feststellen können, oder? Mia klang wirklich panisch“, erklärte sie müde. Die ganze Situation machte Am wahnsinnig. Warum konnten die beiden anderen nicht schneller laufen? Sie wollte endlich sehen, dass es Bianca gut ging!
Ein Teil von ihr wollte Eleonoras Worten  glauben, doch irgendwie brachte ihr Verstand es dennoch fertig, sie vom Gegenteil zu überzeugen. Wenn sie nicht dieses Mal am Handgelenk hätte, das sie als Hexe auswies, dann hätte sie es ja selbst für verrückt gehalten.
Ein Geist der hinter ihr und ihren Freundinnen her war? Es klang so furchtbar absurd, doch es schien die Wahrheit zu sein.

   „Amalia, kannst du dich nicht deutlicher ausdrücken? Was meinst du denn mit ‚sie war nicht so eine‘? Diese Jugend von heute!“ Kopfschüttelnd stackste Eleonora auf ihren hohen Schuhen hinter Tochter und Enkelin her.
   „Magersüchtig! Sie war nicht magersüchtig, wenn du das vorhin gemeint hast. Kannst du nicht schneller laufen?“ Amalias Stimme war ein Tick zu scharf. Vorsichtig spähte sie zu ihrer Großmutter hinüber und bemerkte deren genervtes Augenrollen.
   „Könntet ihr nicht einfach mal still sein? Mich macht euer Gezeter ganz irre!“ Marcella schnaubte gereizt, um ihren Worten Ausdruck zu verleihen. Danach waren die anderen Beiden ruhig und folgten ihr mit eiligen Schritten.
Im Krankenhaus herrschte reger Betrieb. Schwestern, Ärzte, Patienten. Sie alle waren auf den Beinen, liefen wild durcheinander und machten Am noch nervöser. Sie hatte Kliniken noch nie ausstehen können. Obwohl ihre Mutter selbst Ärztin war, hasste es Amalia, solche Einrichtungen zu besuchen. Glücklicherweise kannte Marcella den Weg. Ansonsten hätten sie eine der gereizten Schwestern oder Pfleger fragen müssen.
Eine ganze Weile irrten die Drei durch sterile weiße Flure und kalte Treppenhäuser. Die Bilder an den Wänden halfen nichts gegen die schlechte Stimmung. Alles wirkte so starr und abweisend. Amalia könnte sich nie vorstellen, in einem Krankenhaus zu arbeiten. Wahrscheinlich würde ihr das dank der magischen Kräfte sowieso erspart werden.
In den nächsten Jahren würde sie sich um die sogenannten Geschäfte ihrer Familie kümmern müssen. Da gab es keine Zeit für einen Beruf. Vielleicht hatte Eleonora ja wirklich recht. Vielleicht sollte Am die Schule abbrechen. Das würde einiges erleichtern und den Realschul-Abschluss hatte sie ja bereits. Nur wie würde sie dann ihr Geld verdienen? Sie konnte sich kaum vorstellen, dass jemand sie bezahlen würde, nur damit sie ein bisschen Magie wirkte.

Die Gedanken um ihre Zukunft hatten Am abgelenkt. So sehr, dass sie ganz vergessen hatte, wo sie sich befand. Sie kehrte erst wieder in die Wirklichkeit zurück, als Marcella bereits an der Tür zu Biancas Krankenzimmer klopfte. Als sie nicht hereingebeten wurden, nickte sie ihrer Tochter zu und schob sie zur Tür. Ein stummes Zeichen für Amalia, voran zu gehen.
An den Augen ihrer Mutter konnte sie sehen, dass sie nicht mitkommen würde. Warum auch? Sie kannte Bianca nur flüchtig. Es schien nicht richtig zu sein, vor allem wenn die Eltern des Mädchens anwesend waren. Außerdem wären es zu viele Menschen auf einmal. Wer wusste schon, ob Ams Freundin überhaupt stabil genug war, um Besucher zu empfangen?
Mit einem tiefen Seufzen drückte Amalia die Klinke runter und lugte durch den Türspalt. Mia und Elena saßen auf Stühlen vor dem Fußende. Schluchzend. Völlig fertig. Links und rechts vom Bett standen zwei ältere Menschen, die Am noch nie gesehen hatte. Auch sie schienen mit der Situation überfordert zu sein. Es handelte sich sicher, um Biancas Eltern. Die Frau strich ihr immer wieder über das blonde Haar der Schlafenden, während der Mann die Hand seiner Tochter festhielt.
Es war ein schrecklicher Anblick. Nicht nur die Menschen, die ernsthaft besorgt um die junge Schülerin waren, sondern auch das Mädchen selbst. Sie hatte die Augen geschlossen. Die Haut so blass wie das Laken. Hätte Am es nicht besser gewusst, dann hätte sie sie für tot gehalten. Nur das leichte Heben und Senken von Biancas Brustkorbs überzeugte sie vom Gegenteil.

Vorsichtig trat Am ein und schloss die Tür leise hinter sich. Sie wollte niemanden erschrecken, doch sofort richteten sich alle Augenpaare auf sie. Alle bis auf Biancas.
Ein paar Sekunden stand sie unschlüssig da, ehe Mia aufsprang und mit verquollenem Gesicht auf sie zustürzte. Eng presste sie Am an sich und drückte ihr tränennasses Gesicht in deren Haare. Kurze Zeit später war auch Elena aufgestanden und kam unsicher auf die beiden Mädchen zu. Mit der linken Hand, der Hand mit dem Hexenmal, bekam sie die verängstigte Mitschülerin zu fassen und drückte sie ebenfalls fest an sich. Lange standen sie so da, weinten alle drei bittere Tränen und mussten nicht aussprechen, was sie alle insgeheim dachten.
   „Du bist sicher Amalia, richtig? Bianca hat so viel von dir erzählt. Schön, dass du gekommen bist.“ Ohne dass es die drei Freundinnen gemerkt hatten, war Biancas Vater auf sie zugekommen. Seine Stimme klang müde, sein Gesicht war zerfurcht von Sorgenfalten. Am wollte sich überhaupt nicht ausmalen, was gerade in den Eltern des kranken Mädchens vorging.
Unfähig etwas zu sagen, nickte sie lediglich und versuchte einen aufmunternden Gesichtsausdruck zustande zu bringen. Irgendetwas an Herrn Berger sagte ihr, dass es nicht funktioniert hatte.
   „Meine Frau und ich, wir lassen euch mal alleine. Vielleicht wissen die Ärzte schon mehr. Danke, dass ihr gekommen seid.“ Mit diesen Worten drehte er sich um und verschwand aus dem Zimmer. Biancas Mutter folgte ihm, doch brachte sie es offensichtlich nicht fertig, den Freundinnen ihrer Tochter in die Augen zu sehen.

Langsam lösten sich die Mädchen voneinander und traten näher an das Krankenbett heran. Eigentlich sah Bianca gar nicht krank aus, wenn man von ihrer Blässe absah. Sie wirkte friedlich, als würde sie schlafen. Vorsichtig streckte Am eine Hand nach der ihrer Freundin aus und fuhr sanft über die helle Haut.
Plötzlich verschwand das Krankenzimmer und etwas anderes trat vor ihre Augen. Düster hing es vor ihr, fiel immer weiter und weiter. Rabenfedern. Schwarz. Glänzend. Es wurden immer mehr. Wie riesige schwarze Tropfen regneten sie auf Amalia hinab. Jede Berührung schmerzte wie der Stich einer Nadel.
Erschrocken zog sie die Hand zurück. Die schreckliche Vision verschwand. Sie schien jedoch irgendwie real gewesen zu sein. Als sie die Hand öffnete, lag darin eine einzelne Feder. Sie glich den anderen, die sie gefunden hatte, bis auf das kleinste Detail.
Nun wurden auch die beiden anderen Mädchen darauf aufmerksam. Bleich vor Angst starrten sie auf die Botschaft des drohenden Unheils. Was bisher eine Vermutung gewesen war, war nun Gewissheit: Der Geist war daran schuld, dass Bianca vor ihnen lag und kaum atmete.
Ohne ein Wort des Abschieds, ohne die Mädchen noch einmal anzusehen, machte Am auf dem Absatz ihrer Stiefel kehrt und rannte aus dem Krankenhaus.

So konnte es nicht weitergehen! Sie musste etwas ändern. Der Geist musste um jeden Preis verschwinden!



So, und das war's auch schon wieder für diese Woche. Die gesamte Geschichte findet ihr übrigens auch auf...



Bis zum nächsten Mal!
Eure Kate

 




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