Donnerstag, 16. April 2015

Ein Mensch ist mehr als sein Notendurchschnitt

Hallo ihr Lieben!
Wie ihr ja wisst, befinde ich mich gerade im Abiendspurt. Bei all meiner eigenen Aufregung habe ich gemerkt, wie sehr manche andere meiner Mitschüler unter diesem Druck leiden. NCs und gewünschte Noten von zukünftigen (Traum)Universitäten oder Arbeitgebern lassen uns ganz schön schwitzen. Jedem einzelnen Punkt rennen wir hinterher, diskutieren mit den Lehrern und vergessen dabei ganz, dass eigentlich nicht die Noten, sondern der Mensch dahinter zählt. Wieso vergessen wir das immer so schnell?

Mach dich doch nicht so fertig!
Das habe ich und viele andere Abiturienten vorher sicher auch schon sehr oft gehört. Wenn das doch nur so einfach wäre! Ich selbst bin ein sehr ehrgeiziger Mensch und bin (in den meisten Fächern) von mir enttäuscht, wenn ich mal unter den zweistelligen Punktbereich komme. Manche Schüler machen sich wegen solchen Kleinigkeiten (9 Punkte sind jetzt echt nicht schlecht) total fertig. Das meiste unserer Freizeit geht fürs Lernen drauf, aber zu sehen, dass all die Zeit doch nichts gebracht hat, ist für viele wirklich wie ein Schlag ins Gesicht. Und das kann ich echt verstehen. In den letzten beiden Schuljahren rennen wir unseren Notenschnitten hinterher, weil wir diesen oder jenen NC für unser angestrebtes Studium brauchen oder diese oder jene Note in einem bestimmten Fach besonders wichtig für unsere Ausbildung sind.
Wenn wir so viel unserer Zeit für die Schule verbrauchen und uns wirklich, wirklich, wirklich anstrengen, wie können wir uns dann nicht fertig machen, wenn sich das in unseren Noten nicht bemerkbar macht?

Das Abi ist wie eine längere Klausur… und danach habt ihr dann alles wieder vergessen.
Genau das hat ein Lehrer zu uns gesagt. Wir brauchen uns gar keine Sorgen machen, dauert ja nur vier Stunden oder länger und wir unser ganzes restliches Leben beeinflussen.
Im Prinzip hat er ja recht, aber die Menge, die wir dafür lernen müssen, ist wirklich gewaltig, vor allem, wenn man sich dann mal anschaut, wie viel davon dann wirklich gefragt wird. Eigentlich lernen wir viel zu viel und vergessen alles gleich wieder. Aber wie sollen wir es sonst machen? Zum Wiederholen des Stoffs haben die wenigsten von uns Zeit. Uns bleibt also nichts anderes übrig, als das Bulimie-Prinzip beim Lernen anzuwenden. Alles rein in den Kopf, dann alles aufs Blatt gekotzt (meine Ausdrucksweise sei mir bitte verziehen) und weg ist es. Für unser späteres Leben bringt uns das meiner Meinung nach herzlich wenig, oder?

Wir lernen für die Schule, nicht fürs Leben
Wen interessiert es, später, ob ich Graphen, Nullstellen oder Asymptoten berechnen kann (außer natürlich ich mache irgendwas mit Mathe). Niemand! Was bringt es mir, wenn ich auswendiggelernte Interpretationen zu Bildern abgeben kann, aber keine eigene Meinung zu ihnen habe? Wie oft in meinem Leben werde ich noch eine Gedichtanalyse schreiben müssen?
Genau das ist es, was wir uns immer öfter fragen. Gut, Prosaanalysen sind für mich jetzt nicht ganz unwichtig, schließlich will ich in Zukunft in der Buchbranche arbeiten. Das Schlimme an all dem ist jedoch, dass wir kaum unsere Meinung einbringen dürfen. Steht in einer Deutscharbeit irgendwo etwas wie "Ich meine" oder "ich denke", gibt's gleich Ärger mit dem Lehrer. Und wehe, die Gedichtinterpretation weicht von der ab, die sich über die Jahrzehnte (oder Jahrhunderte) etabliert hat! Jedes Mal im Deutschunterricht, wenn wir einen Text lesen und ihn dann nach sprachlichen Mitteln und was weiß ich analysieren müssen, dreht sich mir als Möchtegernautorin der Magen um. Ich weiß ja nicht, wie es andere Schreiberlinge machen, also die ernsthaften, die damit auch ihr Geld verdienen, aber ich setzte mich nicht vor meinen Laptop und krame im Stilmittelkistchen, weil ich dieses oder jenes damit noch verdeutlichen will. Ich setzte mich hin und schreibe und wenn sich eine Alliteration gut anhört, dann baue ich dir halt mit ein, aber doch nicht, weil ich X oder Y ausdrücken will. Um ehrlich zu sein, ich habe Stilmittel schon immer gehasst. Das einzige, das ich mir merken kann, ist tatsächlich die Alliteration… Und damit kommt man ganz gut durch die Klausur ;)
Anstatt also nur Analysen zu schreiben (und das über völlig veraltete Texte, die den Großteil der Schüler sowieso nicht interessiert), sollten wir vielleicht auch mal üben, wie man einen stinknormalen Brief schreibt oder eine Rechnung. Wir lernen so viel Unnötiges, dass einfach kein Platz mehr für die wichtigen Dinge bleiben. Wie gesagt, nach unserer Schulzeit vergessen wir das meiste eh wieder und was bleibt uns dann? Halbwissen und Probleme, sich im Leben zurecht zu finden.

So, nachdem das alles mal gesagt wurde, will ich noch eine Art Lösungsvorschlag hinzufügen. Klar ist der total utopisch, aber vielleicht in ferner Zukunft erinnert sich mal jemand an seine Schulzeit zurück und ändert das Schulssystem. Ich finde nämlich, solche Basics (wie man einen anständigen Brief schreibt, etc.) sollten verstärkter behandelt werden.
Außerdem fehlt mir in der Schule einfach, dass die persönliche Entwicklung gefördert wird. Wie gesagt, ist Auswendiglernen der Schlüssel zum Erfolg. Für die eigene Meinung ist selten Platz.
Jeder hat seine eigenen Stärken, Schwächen und Interessen. Ich beispielsweise hasse Mathe abgrundtief und kann mich für das Schulmathe überhaupt nicht begeistern. In kreativen Fächern wie zum Beispiel Kunst oder freier Textproduktion dagegen fühle ich mich wohl. Letzteres bedeutet übrigens nicht, dass ich den trockenen Deutschunterricht mag. Ganz im Gegenteil. Ich schreibe für mein Leben gern Geschichten und arbeite mit Büchern. Als wir in Literatur einen Literaturabend veranstaltet haben, war ich voll in meinem Element, auch wenn mir das Buch jetzt nicht so zugesagt hat. Aber wenigstens haben wir mal etwas praktisches gemacht und nicht nur stur Texte analysiert. Wäre es nicht besser, wenn es individuellere Stundenpläne gäbe und sich die Lehrer auch mal wirklich Zeit für die Schüler nehmen, um ihre Talente zu fördern? (Damit will ich nicht sagen, dass die Lehrer keine Zeit für uns haben. Aber mir fehlt einfach jemand, der mich auf den Gebieten fördert, die mir wirklich liegen.)
Wenn jemand kein Mathe machen möchte (ich spreche hier von Graphen berechnen und so weiter; Grundrechenarten und Zahlenverständnis sind natürlich sehr wichtig und das sehe ich auch ein), wieso sollte er sich dann durch den Stoff quälen und sich bei jeder schlechten Note noch dümmer fühlen? Wenn jemand keine Jahreszahlen von irgendwelchen Schlachten auswendig lernen und sich stattdessen lieber musikalisch oder künstlerisch betätigen will, wieso sollte man ihn oder sie nicht einfach lassen?
Ich sehe ja ein, dass eine gewisse Basis wichtig ist, was bestimmte Fächer angeht, aber ich kann nicht verstehen, wieso man jemandem die Endnote versauen kann, wenn dem Schüler ein bestimmtes Fach gar nicht liegt, er/sie aber auf einem anderen Gebiet sehr gut ist.
Am Ende muss man doch bedenken, dass wir Menschen mehr sind, als unser Notendurchschnitt. Wenn wir uns nur aufs Lernen und die Schule konzentrieren, vergessen wir irgendwann noch, zu leben. Kann man das verantworten?

Ich hoffe, dieser Post hat euch jetzt nicht abgeschreckt oder so, aber mir ist das in letzter Zeit einfach so intensiv aufgefallen, dass es mir ein echtes Anliegen war, das alles loszuwerden. Das da oben ist nur meine Meinung zu diesem Thema. Ich bin gespannt, wie ihr darüber denkt, und freue mich auf eure Kommentare ;)

Eure Kate



PS: Wie gefällt euch das neue Design? Bisher ist alles noch etwas unstrukturiert, aber ich sitze dran ;)



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